# taz.de -- Solarstrom für Mieter: Die Anti-Öko-Bürokratie | |
> Gesetze verhindern bislang Solarzellen auf Dächern in vielen Städten. Der | |
> Wirtschaftsminister verspricht nun Besserung. | |
Bild: Berlin-Mitte. Wie viele Dächer mit Solarpanelen können Sie zählen? | |
BERLIN taz | Wer von hohen Gebäuden auf die Dächer deutscher Städte | |
hinabblickt, sieht viele [1][ungenutzte Flächen aus Beton, Dachziegeln oder | |
Teerpappe]. Hier und da gibt es eine begrünte Terrasse. Was nahezu völlig | |
fehlt, sind Solarzellen zur Stromerzeugung. Und das in einem Staat, dessen | |
Regierung in den kommenden Jahrzehnten die fast komplette Versorgung mit | |
Ökoenergie erreichen will. | |
Auf dem Land sieht es teilweise anders aus. Dort tragen viele | |
Einfamilienhäuser, Bauernhöfe und Gewerbebetriebe schon Photovoltaikzellen. | |
Während die Gesetze es Immobilienbesitzern relativ einfach machen, Ökostrom | |
ausschließlich für sich selbst herzustellen, wird die Sache bei gemeinsamen | |
Anlagen für Häuser mit Mietwohnungen sehr kompliziert. Die Bundesregierung | |
weiß das und wollte die hinderlichen Regeln zum sogenannten | |
[2][Mieterstrom] schon längst vereinfachen. | |
Auf eine Anfrage des SPD-Energiepolitikers Timon Gremmels ließ | |
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nun erklären, er wolle noch | |
im Sommer einen Gesetzentwurf vorlegen. Die Lage hat sein Ministerium 2019 | |
in seinem Mieterstrombericht dargestellt. Demnach waren vor einem Jahr | |
Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 14 Megawatt (MW) auf | |
Miethäusern in Betrieb. | |
Seitdem hat sich wohl nicht viel geändert. Möglich und erwünscht war | |
dagegen der Zubau von 500 MW pro Jahr. „Das Modell bleibt weit hinter den | |
Erwartungen zurück“, fasste der Bericht zusammen. Ein wesentlicher Grund | |
ist die zu niedrige staatliche Förderung. Der sogenannte | |
Mieterstromzuschlag, den die Betreiber der Dachanlagen bekommen, tendiert | |
gegen null. | |
## Hohe Verwaltungskosten | |
Demgegenüber stehen Verwaltungskosten, die die Vermieter durch den Verkauf | |
der Energie an die Mieterinnen und Mieter nicht erwirtschaften können. Ohne | |
eine bessere Förderung rechnen sich die Anlagen deshalb oft nicht. „Der | |
Mieterstromzuschlag fließt zudem nur, wenn der Vermieter gleichzeitig als | |
Betreiber der Anlage und Stromlieferant auftritt“, erklärte Ralf | |
Schmidt-Pleschka vom Ökostromanbieter Lichtblick. | |
Dann allerdings müsse der Hausbesitzer komplizierte bürokratische Pflichten | |
als Energieversorger erfüllen, was viele abschrecke. Damit nicht genug: | |
Bisher dürfen gemeinschaftliche Photovoltaikmodule nur die Mietwohnungen | |
eines Gebäudes versorgen. Die Bewohner in den Häusern nebenan können sich | |
nicht anschließen. Die Dächer von Gewerbegebäuden sind ebenfalls tabu. | |
Schließlich müssen Vermieter mit dem Verlust ihrer Gewerbesteuerbefreiung | |
rechnen, wenn sie Strom liefern. | |
Um abzuhelfen, hat SPD-Politiker Gremmels zusammen mit Kollegen im | |
vergangenen Dezember einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Zuschlag für | |
Mieterstromanlagen soll demnach auf gut 4 Cent pro Kilowattstunde angehoben | |
werden. | |
## Union in der Meinungsfindung | |
Dies würde wohl reichen, um die Solarkraftwerke kostendeckend zu betreiben. | |
Zweitens will die SPD ermöglichen, dass Vermieter externe Firmen mit dem | |
Betrieb der Anlagen und der Energielieferung beauftragen können, ohne den | |
Zuschlag zu verlieren. Zuletzt soll es gemeinsame Mieterstromanlagen für | |
Wohnquartiere geben anstatt nur für einzelne Häuser. | |
Bei der Union ist die Meinungsfindung noch im Gange. „Das Potenzial für | |
Solarstrom in Städten bleibt bisher weitgehend ungenutzt“, sagte | |
CSU-Energieexperte Andreas Lenz. „Vereinfachungen beim Mieterstrom könnten | |
ein Weg sein.“ Man wolle deshalb prüfen, „ob die Beauftragung von | |
Energieversorgern erleichtert werden kann, ohne dass der | |
Mieterstromzuschlag verloren geht“. Klar ist: Die Kleinkraftwerke auf den | |
Dächern lösen kaum Konflikte mit Nachbarn aus. | |
28 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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