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# taz.de -- Nach Vergewaltigung in Brasilien: Mit Gebet gegen Abtreibung
> Eine Zehnjährige ist in Brasilien vergewaltigt worden. Gegen die
> Abtreibung laufen religiöse Extremisten auf – mit Unterstützung der
> Regierung.
Bild: Präsident Bolsonaro umgibt sich gerne mit Abtreibungsgegnern und Katholi…
BERLIN taz | Es wurde lauthals gebetet, gerangelt und am Ende sogar
versucht, die Klinik zu stürmen. Katholische Gruppen, evangelikale
Pastor*innen und rechtsradikale Politiker*innen hatten am Sonntag zu einem
Protest in der brasilianischen Millionenstadt Recife aufgerufen. Die
Demonstrant*innen wollten verhindern, dass ein zehnjähriges Mädchen, das
nach einer Vergewaltigung schwanger wurde, eine Abtreibung vornehmen lässt.
Der Fall löst eine Debatte über den wachsenden Einfluss von religiösen
Gruppen aus.
Brasilien hat strenge Abtreibungsgesetze. Ein Schwangerschaftsabbruch darf
nur vorgenommen werden, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist, der Fötus
nicht lebensfähig ist – oder nach einer Vergewaltigung. Christliche Gruppen
kämpfen seit Jahren dafür, die Gesetze noch weiter zu verschärfen – und
seit Amtsantritt des rechtsradikalen Jair Bolsonaro erhalten sie
Unterstützung von ganz oben.
Familienministerin Damares Alves ist nicht nur evangelikale Pastorin,
sondern auch eine der bekanntesten Antiabtreibungsaktivist*innen des
Landes. In der jüngsten Debatte gab die Ministerin den Startschuss für eine
regelrechte Hexenjagd, als sie bei Facebook die Entscheidung der Justiz
kritisierte, die Abtreibung zuzulassen.
Da es sich bei dem Opfer um ein Kind handelt, dürfte der Fall eigentlich
nicht diskutiert werden. Das störte aber auch die [1][rechte Influencerin
und Bolsonaro-Unterstützerin Sara Winter] nicht, sich eindeutig zu
positionieren. Die fundamentalistische Exfeministin rief ihre
Unterstützer*innen zum Protest auf und veröffentlichte sogar den Klarnamen
und die Adresse des Mädchens.
## Menschenkette gegen rechts
Das 10-jährige Mädchen, das bei ihrer Oma im Bundesstaat Espíritio Santo
lebt, wurde über mehrere Jahre von ihrem Onkel vergewaltigt. Nach dem
öffentlichem Druck weigerte sich das Krankenhaus in ihrer Heimatstadt, die
Abtreibung durchzuführen – obwohl die Justiz die Abtreibung zuvor erlaubt
hatte. So musste das Mädchen in den mehr als 1.000 Kilometer entfernten
Bundesstaat Pernambuco fliegen.
Dort versammelten sich am Sonntag Hunderte Feminist*innen, um das Mädchen
zu unterstützen und eine Menschenkette gegen die Rechten zu bilden. Eine
der Demonstrant*innen war Carol Vergolino, Politikerin der Linkspartei
PSOL. „Als das Mädchen in die Klinik kam, hatte sie ihren Teddybär in der
Hand. Und die Fundamentalisten beschimpften sie als Mörderin“, sagte die
42-Jährige der taz.
Laut Vergolino seien die Proteste auch eine direkte Folge [2][der Politik
von Präsident Bolsonaro]: „Der Präsident verbreitet Hass und stiftet damit
Menschen zu solchen Aktionen an.“
Sich in Brasilien öffentlich zu Schwangerschaftsabbrüchen zu positionieren,
kann gefährlich sein. Ärzt*innen berichten von massiven Drohungen und
Repressalien. Auch der Arzt, der die Abtreibung bei der 10-Jährigen
vornahm, wurde vor einigen Jahren wegen seiner Arbeit von der katholischen
Kirche exkommuniziert.
17 Aug 2020
## LINKS
[1] /Femen-Gruenderin-in-Brasilien/!5570159
[2] /Proteste-gegen-Brasiliens-Praesidenten/!5687881
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Schwerpunkt Abtreibung
Brasilien
Evangelische Kirche
Abtreibungsgegner
Schwerpunkt Coronavirus
Brasilien
Jair Bolsonaro
Brasilien
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