| # taz.de -- Schadensersatz nach Schlachthofblockade: Tönnies will Geld von Akt… | |
| > Der Fleischkonzern fordert fast 40.000 Euro Schadensersatz von | |
| > Tierrechtler*innen. Sie hatten 2019 einen Schlachthof in | |
| > Schleswig-Holstein blockiert. | |
| Bild: Aktivisten bei der Blockade des Schlachthofs in Kellinghusen 2019 | |
| Hamburg taz | Für Aktivistin Malia war es ein Schock, als sie Anfang Juli | |
| die Entschädigungsforderung der global agierenden Wirtschaftskanzlei | |
| Eversheds Sutherland in den Händen hielt. Mit 25 weiteren Aktivist*innen | |
| besetzte Malia, die nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden möchte, | |
| am 21. Oktober 2019 den Schlachthof Thomsen im schleswig-holsteinischen | |
| Kellinghusen – und brachte den zu Tönnies gehörenden Betrieb für elf | |
| Stunden zum Erliegen. Dafür will Tönnies nun Geld von ihr. | |
| Die eigens für die Blockade gegründete Tierbefreiungsbewegung „Tear Down | |
| Tönnies“ wollte mit der Aktion „auf die prekären Arbeitsbedingungen, das | |
| endlose Tierleid und die starke Umweltbelastung durch die Tierindustrie“ | |
| aufmerksam machen, heißt es in einer Mitteilung der Gruppierung. Die | |
| Polizei löste die Protestaktion auf und danach hätten die | |
| Tierrechtler*innen erst mal nichts mehr von dem Unternehmen gehört, erzählt | |
| Malia. | |
| Acht Monate nach der Blockade forderte die Thomsen GmbH dann auf einmal | |
| eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 37.354 Euro von den | |
| Aktivist*innen. Am 13. Juli sollte das Geld auf das Konto des Schlachthofs | |
| überwiesen sein. Doch nur wenige der 26 Aktivist*innen sind namentlich | |
| bekannt und nur wenige haben daher das Schreiben erhalten. „Wegen der | |
| gesamtschuldnerischen Haftung könnte theoretisch auch eine Einzelperson den | |
| Schaden begleichen müssen“, sagt Malia. „Ich habe noch nie mit so einer | |
| hohen Geldsumme zu tun gehabt. Ich bin froh, dass ich nicht allein bin.“ | |
| Einen Monat dauerte es, bis sich die Gruppe „Tear Down Tönnies“ an die | |
| Öffentlichkeit wandte. „Wir sind eine weit gestreute Menge. Erst mal | |
| mussten so viele wie möglich von uns informiert werden“, sagt Aktivistin | |
| Robin, die ebenfalls nicht mit ihrem echten Namen genannt werden will. „Wir | |
| haben uns dann untereinander abgesprochen, wie wir weiter vorgehen wollen.“ | |
| Klar ist: Sie wollen sich von Tönnies nicht einschüchtern lassen. | |
| Die Gruppierung holte sich ihrerseits juristische Unterstützung und wird | |
| nun von der Anwältin Ulrike Donat und dem Anwalt Dieter Magsam aus Hamburg | |
| vertreten. „Die erste Frist haben wir erst mal verstreichen lassen. Zu | |
| einer Klage ist es bisher noch nicht gekommen“, sagt Malia. „Um die | |
| Kommunikation mit der Gegenseite kümmern sich unsere Anwälte. Wir wollen | |
| jetzt erst einmal Geld für den Prozess sammeln, falls es zu einem kommen | |
| sollte.“ | |
| „Das Schreiben war ein Versuch der Einschüchterung. Einer Klage sehen wir | |
| gelassen entgegen“, sagt Anwältin Donat. Zu dem weiteren Vorgehen will sie | |
| sich vorerst nicht äußern. Der für den Schlachthof Thomsen zuständige | |
| Rechtsanwalt wollte sich auf Nachfrage der taz nicht zu dem Fall äußern. | |
| André Vielstädte, Pressesprecher des Tönnies-Konzerns, bestätigte der taz | |
| am Mittwoch lediglich, dass der entstandene Schaden von den Aktivist*innen | |
| eingefordert werde. Es sei ein „nicht unerheblicher Schaden entstanden“, | |
| insbesondere da die Auflösung der Protestaktion durch die Polizei „gegen | |
| teils massiven Widerstand“ erfolgt sei. Nach Angaben der Polizei sei die | |
| Räumung damals jedoch friedlich verlaufen. Auf weitere Fragen, warum | |
| beispielsweise die Schadensersatzforderung erst so spät geltend gemacht | |
| wurde, ging der Pressesprecher nicht ein. | |
| ## Abschreckung durch Schadensersatz | |
| Auch die Tierrechtler*innen habe es sehr überrascht, dass so viele Monate | |
| später noch eine Forderung gekommen sei, sagt Malia. Über die Gründe ließe | |
| sich nur spekulieren, sagt auch Robin: „Vielleicht passte Tönnies der | |
| jetzige Zeitpunkt, nachdem sie wegen der Coronafälle im Betrieb so lange | |
| schließen mussten.“ | |
| Im Juni machte Tönnies von sich reden, als sich im Hauptstandort des | |
| Unternehmens in Rheda-Wiedenbrück nach Angaben der „Tagesschau“ mehr als | |
| 1.500 Arbeiter*innen mit dem Coronavirus infiziert hatten. Schuld an dem | |
| Ausbruch sollen fehlende Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb, schlechte | |
| Wohnbedingungen für die ausländischen Leiharbeiter*innen und die besonderen | |
| Arbeitsbedingungen in den Kühlhäusern gewesen sein. | |
| Die Gruppe „Tear Down Tönnies“ wertet die Schadensersatzforderung als ein | |
| Zeichen der Angst vor weiteren ähnlichen Aktionen und als Hoffnung auf | |
| einen möglichen abschreckenden Effekt. Ihre Gruppierung plane in nächster | |
| Zeit zwar erst mal nichts, aber Malia und Robin sind sich sicher, dass noch | |
| ähnliche Protestaktionen von anderen Tierrechtsaktivist*innen stattfinden | |
| werden. | |
| 13 Aug 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Regina Seibel | |
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