# taz.de -- Berliner Dyke March* am 25. Juli: „Gerade jetzt besonders wichtig… | |
> Samstag findet der Dyke* March mit einer echten Demo statt. Ina | |
> Rosenthal, Frauen- und Geschlechterpolitische Sprecherin der Grünen, | |
> erklärt warum. | |
Bild: Den Dyke* March Berlin gibt's seit 2013 dank einer Initiative des Magazin… | |
taz: Frau Rosenthal, der heutige Samstag markiert einen weiteren Höhepunkt | |
des Regenbogenmonats in Berlin. Das CSD-Programm wird gestreamt, und | |
zeitgleich geht der [1][Dyke* March für lesbische Sichtbarkeit und | |
Lebensfreude] auf die Straße. Wo sind Sie dieses Jahr zu finden? | |
Ina Rosenthal: Ich war immer auf dem Dyke* March und bin dankbar, dass | |
Manuela Kay (Chefredakteurin von „[2][L-Mag – Das Magazin für Lesben“] �… | |
Anm. d. Red.) den nach Deutschland geholt hat. Die lesbischen Anliegen | |
unterscheiden sich ja noch mal von denen des CSD. Ich freue mich, dass es | |
jetzt doch auch die Möglichkeit gibt, auf die Straße zu gehen. Ich gehöre | |
allerdings aufgrund einer Herzerkrankung zur Risikogruppe und halte mich | |
deshalb von Menschenansammlungen eher fern. Ich werde am Nollendorfplatz | |
eine Rede zur lesbischen Sichtbarkeit und Gedenkkultur halten und dann im | |
RBB-Pride-Radio zu hören sein. | |
Ihr Verein Rad und Tat (RuT) vertritt vor allem die Anliegen von älteren | |
und behinderten Lesben. Wie steht es um diese Frauen in der Pandemie? | |
Wie unter einem Brennglas zeigt die Pandemie ja die sozialen Bruchstellen | |
in der Gesellschaft. Im Besonderen auch lesbische Frauen und Personen, die | |
mehrfach diskriminiert werden, bekommen das zu spüren. Vor allem, wenn | |
Armut und Krankheit ein Thema sind. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, | |
sichtbar zu sein. | |
Was bedeutet die Infektionsgefahr für Ihre Arbeit? | |
Unsere Arbeit bei RuT ist ja sonst sehr vom direkten sozialen Kontakt | |
geprägt. Wir mussten alle Angebote umstellen. Die Beratung fand zunächst | |
nur online und telefonisch statt, jetzt teils auf Spaziergängen und in | |
unseren Räumen. Unsere Nachbarschaftshilfe und der Besuchsdienst sind | |
gerade jetzt wichtig. Wir sind erfinderisch und vorsichtig, weil viele | |
Frauen, die zu uns kommen, zur Risikogruppe gehören. Aus dem | |
Lesbenfrühstück, das es schon seit vielen Jahren in unseren Räumen gibt, | |
ist jetzt ein Lesbenpicknick geworden. | |
Als Sie Ende Juni vor Ihren Vereinsräumen im Schillerkiez ein | |
Videointerview gaben, wurden Sie eine Stunde lang von drei Männern verbal | |
angegriffen. Ist lesbische Sichtbarkeit auch gefährlich? | |
Als ich den Vorfall (auf Facebook und in einem Gastbeitrag für „Die Zeit“ … | |
Anm. d. Red.) öffentlich machte, ging es mir nicht darum, die | |
Opfer-Täter-Hierarchie festzuschreiben. Aber es ist für Frauen, die nicht | |
heteronormativ aussehen, so selbstverständlich, diskriminiert zu werden, | |
dass nur wenige darüber sprechen. Es gibt aber keinen Grund, warum wir das | |
hinnehmen sollten. Wir sind Teil der Gesellschaft und haben Rechte. Das war | |
kein Dummejungenstreich. Das waren junge Männer, die verhindern wollten, | |
dass lesbisches Leben sichtbar wird, dass wir Öffentlichkeitsarbeit machen. | |
Sie haben beim Vorfall die Polizei gerufen. Haben sich die Beamten als | |
Freunde und Helfer erwiesen? | |
Ich habe zweimal bei der Polizei angerufen und der Kameramann noch ein | |
weiteres Mal. Die Männer von der Polizei haben sich zurückhaltend-korrekt | |
verhalten. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass sie mein Recht richtig | |
darstellen. Einer der jungen Männer hatte verlangt, dass ich mich bei ihm | |
entschuldige. Ein Beamter hat das zurückgewiesen, aber nicht deutlich | |
gemacht, dass ich die Geschädigte bin. Im Nachgang haben mir der Beamte und | |
die LGBT-Beauftragte der Polizei das Vorgehen erklärt. | |
Der Dyke* March und der CSD solidarisieren sich mit der Bewegung gegen | |
rassistische Polizeigewalt. Sie sind weiß, bekannt als Vorständin der | |
Berliner Grünen. Würde ein solcher Einsatz anders verlaufen, wenn sich eine | |
nichtprominente, queere Person of Color an die Polizei wenden würde? | |
Da möchte ich nicht spekulieren, aber auch klar sagen, dass ich gegen jede | |
Form von rassistischer Polizeigewalt bin. Aber ich bin auch gegen jedes | |
Othering. In solchen Situationen treffen Menschen aufeinander. Da sind wir | |
Jüdinnen, Lesben, People of Color mit unseren Erfahrungen und Vorurteilen. | |
Ich hätte es zum Beispiel nicht für möglich gehalten, dass die muslimische | |
Gemeinde unsere aussortierte lesbische Literatur in ihre Bibliothek | |
aufnehmen würde. Auch Polizist*innen sind Menschen mit eigenen Vorurteilen | |
und eigenen Erfahrungen. Vorurteile brauchen sie ja auch, um handeln zu | |
können, aber unaufgeklärt können diese zu schrecklichen Ergebnissen führen. | |
Deshalb bräuchte es in der Polizei eine regelmäßige Reflexion des | |
beruflichen Erlebens. Allerdings ist die Situation hier nicht vergleichbar | |
mit der in den USA. | |
25 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://dykemarchberlin.com/ | |
[2] https://www.l-mag.de/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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