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# taz.de -- Neuköllns neue Integrationsbeauftragte: Migrant*innen nicht gefragt
> Neukölln hat eine neue Integrationsbeauftragte: die Journalistin und
> Buchautorin Güner Balcı. Schon im Vorfeld gab es um ihre Ernennung
> Streit.
Bild: Güner Balcı bei der Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises 2016
Ende vergangener Woche wurde der langjährige SPD-Politiker Thilo Sarrazin
wegen seiner fortgesetzten rechtspopulistischen Aktivitäten aus seiner
Partei ausgeschlossen. Sarrazins Weg nach rechts begann 2010 mit der
Veröffentlichung seine Buches „Deutschland schafft sich ab“. Zehn Jahre
später wird auch Güner Balcı noch einmal mit der Causa Sarrazin
konfrontiert. Balcı ist seit Montag die neue Integrationsbeauftragte des
Bezirks Neukölln.
Ahmed Abed, Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung und Vertreter der
Linkspartei im Neuköllner Migrationsbeirat, kritisiert Balcı „als
Sarrazin-Unterstützerin“, die ihren Posten nicht antreten sollte. Im
Gespräch mit der taz moniert Abed, Balcı habe noch 2019 mit dem ZDF-Beitrag
„Im Schatten der Clans“ einer Stigmatisierung migrantischer Großfamilien
Vorschub geleistet.
Bekannt wurde die Journalistin und frühere Sozialarbeiterin 2011, als sie
für einen ZDF-Beitrag mit Sarrazin durch Kreuzberg lief, um dort auf
Märkten und vor Restaurants das Gespräch zu suchen. Die Tour musste
abgebrochen werden, nachdem Menschen auf der Route lautstark gegen Sarrazin
protestiert hatten.
In einem späteren Interview distanzierte sich Balcı jedoch von eugenischen
Argumenten in Sarrazins Buch, die verhinderten, dass sie sich hinter ihn
stellen könne. 2016 veröffentlichte die Zeitschrift Cicero einen Beitrag
von Balcı mit der reißerischen Überschrift „Der Islam ist eine geladene
Waffe“. In dem Text plädiert die Journalistin allerdings wesentlich
differenzierter für einen zeitgemäßen Islam, der sich vom islamistischen
Terror distanziert.
## „Arabboy“ und „Arabqueen“
UnterstützerInnen von Balcı, die auch mehrere Bücher verfasst hat, etwa
„Arabboy“ und „Arabqueen“ über das Aufwachsen arabischstämmiger
Jugendlicher in Neukölln, loben sie als engagierte Journalistin, die auch
kritische Entwicklungen in den migrantischen Communitys anspreche.
„Frau Balcı steht mit ihrer Arbeit dafür, patriarchale Strukturen zu
überwinden und junge Frauen und Männer zu emanzipieren. Daran kann ich
nichts Falsches finden“, begründet der Neuköllner Bürgermeister Martin
Hikel (SPD) gegenüber der taz ihre Ernennung zur Integrationsbeauftragten.
Auch der Berliner Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt Balcıs
Ernennung als „politisches Signal aus Neukölln“. „Sie war für uns stets
eine vertraute Ansprechpartnerin und Mitstreiterin“, erklärt LSVD-
Geschäftsführer Jörg Steinert gegenüber der taz. Eine inhaltliche Nähe zu
Thilo Sarrazin kann Steinert nicht erkennen.
„Manche Beiträge von Balcı waren teilweise diskriminierend. Ich hoffe aber,
dass sie mittlerweile eine moderate Position vertritt, was für ihre Arbeit
als Integrationsbeauftragte notwendig ist“, erklärt der
Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BVV Neukölln Bernd Szczepanski
gegenüber der taz. Wie der Linkenpolitiker Abed kritisiert auch er, dass
der Migrationsbeirat nicht von Anfang an in die Diskussion um die Ernennung
der Integrationsbeauftragen einbezogen war.
Der Geschäftsführer des Berliner Migrationsrats, Koray Yilmaz-Günay,
verweist auf das Berliner Integrations- und Parzipationsgesetz, das eine
Anhörung durch örtliche MigrantInnenorganisation vorschreibt. Bei einer
Sitzung des Neuköllner Migrationsbeirats am vergangenen Donnerstag wurde
Bürgermeister Hikel heftig kritisiert. Juristische Schritte gegen Balcıs
Ernennung wurden allerdings nicht erwogen.
4 Aug 2020
## AUTOREN
Peter Nowak
## TAGS
Integration
Partizipation
Migranten
Neukölln
Schwerpunkt Rechter Terror
Clans
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