# taz.de -- Überprüfung von Corona-Maßnahmen: Keine Zahlen vom Ministerium | |
> War es angemessen, die Reisefreiheit drei Monate lang drastisch | |
> einzuschränken? Die Bundesregierung hat wohl nie versucht, das | |
> herauszufinden. | |
Bild: Die Grenzen in Deutschland waren drei Monate lang gesperrt – wie hier i… | |
BERLIN taz | Es war ein Eingriff in das Recht auf Reisefreiheit, wie es die | |
Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bis dahin nicht gekannt hatten: In | |
der Hochphase der [1][Coronapandemie] zwischen Mitte März und Mitte Juni, | |
also drei lange Monate, waren die Grenzen von und nach Deutschland für EU- | |
wie für Drittstaatsangehörige quasi dicht. Nur wer „triftige Gründe“ | |
nachweisen konnte, durfte im Einzelfall ein- oder ausreisen. Unverheiratete | |
Pendlerpaare sahen sich teils über Wochen nicht; mitunter war es selbst | |
trauernden Angehörigen verboten, nach Todesfällen im engsten Familienkreis | |
die Grenze nach Deutschland zu passieren. | |
Waren die [2][Maßnahmen verhältnismäßig]? Haben sie tatsächlich dazu | |
beigetragen, die Pandemie signifikant einzudämmen? Und auf welcher | |
Grundlage beruhte die Annahme, dass Reiseverbote hierzu ein geeignetes und | |
vor allem effektives Mittel seien? Das wollte die Bundestagsabgeordnete | |
Ulla Jelpke von der Linkspartei von der Bundesregierung wissen. | |
Doch in der Antwort auf ihre Kleine Anfrage zu Grenzkontrollen und | |
Einreisebeschränkungen während der Coronakrise, die der taz vorliegt, | |
rechtfertigt das zuständige Bundesinnenministerium die drastischen | |
Beschränkungen von damals lediglich mit einer erhofften „weiteren | |
Eindämmung der Infektionsgefahren durch das neuartige Coronavirus“. | |
Ob und inwieweit diese Hoffnung sich in belastbaren Zahlen widergespiegelt | |
hat, lässt das von Horst Seehofer (CSU) geführte Ministerium offen. In der | |
mehr als zwanzigseitigen Antwort finden sich keine Angaben dazu, ob und wie | |
nützlich die Maßnahmen waren. Lapidar heißt es lediglich, die | |
Bundesregierung habe jeweils „lageangepasst“ gehandelt. Konkret erläutert | |
wird diese Lage dann aber nicht. Nur so viel: „Die Festlegung von | |
Grenzübergangsstellen hat eine Kanalisierung des grenzüberschreitenden | |
Verkehrs und zielgerichtete Kontrollen ermöglicht.“ | |
Die Selbstkritik des Ministeriums beschränkt sich auf einen von Ulla Jelpke | |
hervorgehobenen Einzelfall, in dem österreichischen Kindern die Einreise zu | |
ihrer in Deutschland lebenden, um ihren verstorbenen Mann trauernden Mutter | |
verwehrt worden ist. Hier sei „eine andere Lösung (…) möglich gewesen“.… | |
viele weitere nachträglich als unverhältnismäßig betrachtete | |
Einreiseverbote es gab, vermag die Regierung indes nicht mitzuteilen. | |
„Grundrechtseinschränkungen, auch falls sie gerechtfertigt sein sollten, | |
müssen in jedem einzelnen Fall ausreichend begründet werden. Hier versagt | |
die Regierung“, kritisiert Jelpke. Gerade mit Blick auf aktuell steigende | |
Infektionszahlen sei die „mangelnde Bereitschaft“, sich mit der Wirksamkeit | |
vergangener Maßnahmen auseinanderzusetzen, gefährlich. Die [3][Zustimmung | |
der Bevölkerung] könne sinken. Die Weltgesundheitsorganisation und das | |
Robert-Koch-Institut hatten zuletzt bezweifelt, dass die Beschränkung des | |
Reiseverkehrs zur Pandemieeindämmung helfe. | |
3 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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