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# taz.de -- Waffenstillstand im Ukraine-Konflikt: Kaum jemand glaubt dran
> Es gibt ein neues Abkommen für Waffenstillstand zwischen der Ukraine und
> den von Russland unterstützten Separatisten – und viele Zweifel.
Bild: Ukrainischer Soldat. Jede Seite soll selbst kontrollieren, ob der Waffens…
Seit Mitternacht ist eine neue Waffenruhe in der Ostukraine in Kraft. Diese
war am Mittwoch von der sogenannten [1][Dreierkontaktgruppe vereinbart]
worden.
Doch schon nach wenigen Stunden soll diese Waffenruhe nach Angaben des
ukrainischen Oberkommandierenden Wladimir Krawtschenko am Morgen von den
von Russland unterstützten Separatisten gebrochen worden sein. An einem
Frontabschnitt habe man Mörserbeschuss durch die Separatisten beobachtet,
so Krawtschenko.
Auch an den Tagen vor der Waffenruhe hatte es Kämpfe gegeben. Insgesamt 15
Mal hätten die Separatisten die ukrainischen Streitkräfte am Wochenende
beschossen, berichtet ein ukrainischer Armeesprecher. Ein ukrainischer
Soldat sei verletzt worden. Besonders beunruhigt zeigt sich das ukrainische
Verteidigungsministerium angesichts von Minen, mit denen die
„Volksrepubliken“ die ukrainische Seite beschossen hätten. Denn diese
könnten erst Tage später explodieren – und dann sähe eine Explosion auf
einem von der Ukraine kontrollierten Gebiet so aus, als würde die
ukrainische Seite den Waffenstillstand brechen.
Auf der anderen Seite beschuldigen die „Volksrepubliken“ die ukrainischen
Streitkräfte, kurz vor dem Waffenstillstand Waffen eingesetzt zu haben.
Dreißig Mal habe die Ukraine in den Tagen vor dem Waffenstillstand die
„Volksrepublik“ Donezk beschossen, berichtet die in Donezk angesiedelte
Nachrichtenagentur dan-new.info. Dabei seien auch im Gebiet des früheren
Donezker Flughafens und der Siedlung Spartak Geschosse niedergegangen.
## In Ukraine will es niemand glauben
Wenige Stunden vor Inkrafttreten des Waffenstillstands telefonierten
Präsident Wolodimir Selenski und Präsident Putin. Dabei, so das Portal des
ukrainischen Präsidenten, habe man über eine Umsetzung der Vereinbarungen
des Pariser Gipfeltreffens vom Dezember 2019 gesprochen, sowie über eine
Öffnung weiterer Übergangspunkte an der Waffenstillstandslinie,
Minenräumung und weitere Truppenentflechtungen.
Ein weiteres Thema sei die Umsetzung einer Selbstverwaltung im Donbass und
ein Gesetz zur Dezentralisierung, das auch eine Änderung der ukrainischen
Verfassung mit sich bringe. Man habe auch über die Freilassung von
Gefangenen gesprochen, so das Präsidentenportal.
Demgegenüber findet sich auf der Seite des russischen Präsidenten nichts
zum Thema Gefangene. Stattdessen berichtet das russische Portal über Putins
Besorgnis angesichts der von der Ukraine für Oktober angesetzten
Kommunalwahlen im Donbass. Dies, so das russische Portal, bedeute eine
Verletzung der Vereinbarungen von Minsk. Das Telefonat habe, so das
russische Portal, auf Initiative der Ukraine stattgefunden.
Dass der neue Waffenstillstand wirklich funktionieren werde, will in der
Ukraine niemand so recht glauben. Fast 50 Mal sei seit 2014 ein
Waffenstillstand vereinbart worden, so der Politologe Wolodimir Fesenko im
Gespräch mit der taz. Jedes Mal hätte dieser maximal zwei Tage gehalten.
Trotzdem enthalte der neue Waffenstillstand erstmalig konkrete
Kontrollmechanismen: Die Seiten hätten sich verpflichtet, Personen, die die
Waffenruhe verletzt hatten, disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen.
„Wie diese disziplinarrechtlichen Sanktionen konkret umgesetzt werden
sollen, steht jedoch leider nicht in der Waffenstillstandsvereinbarung“, so
Fesenko. Er geht davon aus, dass vor allem Personen und Gruppen aus dem
Umfeld des früheren Präsidenten Poroschenko g[2][egen die Waffenruhe
protestieren werden].
Zwar sei es schwerer, diesen Waffenstillstand zu verletzen, als dies bei
den vergangenen Vereinbarungen der Fall war, meint der aus Donezk stammende
Journalist Sergej Garmsch, der für die Ukraine in der Kontaktgruppe
mitarbeitet, gegenüber dem Sender Ukraina24. Trotzdem glaube er nicht, dass
die Waffenruhe lange anhalten werde.
## Aufruf zur Befehlsverweigerung
Sofort nach Bekanntwerden der Waffenstillstandsvereinbarung hat sich
Dmitrij Jarosch, ehemaliger Chef des Rechten Sektors, gegen diesen gewandt.
Schon die früheren Machthaber „haben versucht, uns zum Frieden mit
Terroristen und Besatzern zu zwingen“, zitiert das Portal Obosrewatel
Jarosch. „Kapitulation vor dem Kreml ist der Tod unseres Staats“, so
Jarosch.
Wenn die Ukrainer das Schießen für den Schutz der Heimat einstellen, gehen
sie ihrer Staatlichkeit verlustig, so Jarosch, der den Machthabern „Verrat“
vorwirft und die Militärs zur Befehlsverweigerung aufruft.
Unterdessen drängt Präsident Selenski auf ein zeitnahes Treffen der
Staatschefs der Ukraine, Russlands, Frankreichs und Deutschlands. Dort
solle, so Selenski, der Waffenstillstand von diesen Staatschefs
unterzeichnet werden.
27 Jul 2020
## LINKS
[1] /Konflikt-in-der-Ostukraine/!5703614
[2] /Proteste-in-Ukraine/!5696341
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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