| # taz.de -- Blockaden im Fall Oury Jalloh: „Immer neue Tiefpunkte“ | |
| > Sachsen-Anhalt hatte Gutachter beauftragt, Ermittlungsfehler im Fall Oury | |
| > Jalloh aufzuarbeiten. Doch die Verantwortlichen reden nicht. | |
| Bild: Proteste vor dem Landgericht Magdeburg beim Prozess gegen einen der veran… | |
| Berlin taz | 2017 kommt der leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann nach | |
| zwölf Jahren Ermittlungen zu dem Schluss, dass der Sierra Leoner Oury | |
| Jalloh 2005 in einer Gewahrsamzelle von Dessauer Polizeibeamten angezündet | |
| worden sei. [1][Kurz darauf wird ihm der Fall entzogen] und an Heike Geyer | |
| von der Staatsanwaltschaft Halle übergeben. Sie sieht die Dinge „anders“, | |
| sagt sie, und macht einen Schlussstrich unter die Ermittlungen. Wie war das | |
| möglich? | |
| Dazu hätten zwei externe Sachverständige im Auftrag des Parlaments von | |
| Sachsen-Anhalt mehr herausfinden müssen. Doch daraus wird nun ebenfalls | |
| nichts. Denn die insgesamt sieben Justizbeamten, die in dem Fall von den | |
| externen Gutachtern befragt werden sollten, weigern sich: Sie wollen nicht | |
| reden. | |
| Kurz zuvor hatte der Bund der Richter und Staatsanwälte in Sachsen-Anhalt | |
| die schon vor zwei Jahren vereinbarte externe Untersuchung als „eklatanten | |
| Eingriff in die grundgesetzlich geschützte richterliche Unabhängigkeit“ | |
| bezeichnet. | |
| [2][Sie sind nicht die einzigen, die die Arbeit der externen | |
| Sachverständigen zu verhindern versuchten]. Das Justizministerium in | |
| Magdeburg hatte in der vergangenen Woche eine unbeaufsichtigte, | |
| vertrauliche Befragung der StaatsanwältInnen durch die Gutachter als | |
| verfassungswidrig abgelehnt. Zulässig sei sie nur innerhalb von Sitzungen | |
| des Rechtsausschusses. | |
| ## Rückendeckung für Justizministerin aus der CDU | |
| Linke, SPD und Grüne warfen dem Justizministerium daraufhin vor, die | |
| [3][Aufklärung des Falles] zu behindern. Am Mittwoch hatten die Obleute des | |
| Rechtsausschusses dann vereinbart, die Befragung nicht unter vier Augen, | |
| sondern im Rechtsausschuss durchzuführen. Da wollen die sieben Richter und | |
| Staatsanwälte, von denen inzwischen fünf im Ruhestand sind, aber auch nicht | |
| mitmachen. | |
| „Wir prüfen derzeit Wege, inwieweit auch pensionierte Beamte verpflichtet | |
| werden können, an einer Sitzung des Rechtsausschusses teilzunehmen“, sagte | |
| ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. | |
| Justizministerin Keding war in Folge der Ablehnung Anfang der Woche in die | |
| Kritik geraten, auch von den Koalitionspartnern SPD und Grüne. Keding hatte | |
| daraufhin versichert, sich für die Aufklärung einzusetzen. | |
| Unterstützung bekamen die Richter und Staatsanwälte hingegen aus der | |
| CDU-Fraktion. Ihr Mitglied Jens Kolze griff einen der externen Gutachter, | |
| den früheren Rechtsexperten der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag, an. „Wir | |
| werden uns nicht daran beteiligen, Richter und Staatsanwälte aus | |
| Sachsen-Anhalt durch Befragungen im Ausschuss in eine Situation zu bringen, | |
| in der sie sich in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt | |
| sehen“, sagte Kolze. | |
| Für die Linke im Landtag von Magdeburg ist dies ein Zeichen der | |
| „institutionellen und individuellen Verweigerungshaltung der Justiz“, und | |
| des „mangelnden Aufklärungswillens gepaart mit fadenscheinigen Ausreden und | |
| Vorwänden“, die den Umgang mit dem Fall Oury Jalloh seit 15 Jahren | |
| kennzeichnet. | |
| „Es ist ein absolut unwürdiger Umgang, der immer neue Tiefpunkte erreicht“, | |
| sagte die Linken-Abgeordnete Henriette Quade. Insbesondere die SPD und die | |
| Grünen müssten sich fragen und fragen lassen, ob sie dies so hinnehmen | |
| wollen. „Wer zwar empört ist, aber nichts ändert, trägt Mitverantwortung | |
| dafür, dass Aufklärung und Aufarbeitung nach wie vor ausbleiben“, so Quade. | |
| 10 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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