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# taz.de -- Studie über Gewalt gegen die Polizei: Entscheidend ist das Wie
> Der Bundesinnenminister will Gewalt gegen PolizeibeamtInnen untersuchen
> lassen. Ob das Sinn macht, ist unter ExpertInnen umstritten.
Bild: Horst Seehofer mit einem österreichischen Grenzpolizisten
Berlin taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will nun doch eine
neue Polizeistudie – allerdings mit anderer Fragestellung als in den
vergangenen Wochen diskutiert. [1][Statt um Racial Profiling], wozu sein
Ministerium erst eine Untersuchung ankündigte und dies dann wieder
kassierte, soll es um [2][PolizistInnen als Opfer] gehen. „Wir bräuchten
nach meiner Überzeugung eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte“, sagte
Seehofer dem Münchner Merkur.
[3][Beim Racial Profiling mangelt es laut ExpertInnen an Zahlen] – aber ist
das auch bei Gewalt gegen PolizistInnen der Fall?
„Es gibt durchaus Bedarf an einer solchen Studie, aber sie müsste völlig
unabhängig sein“, sagt der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes dazu. Gewalt
sei immer eine Frage der Interaktion, deshalb müsse auch die Person und das
Agieren der PolizistInnen berücksichtigt werden. Genau das habe die größte
Studie, die es hierzulande zum Thema bislang gibt, wegen des Drucks aus
Polizeigewerkschaften und Innenministerien nicht getan.
Die Studie, die Feltes meint, hat das [4][Kriminologische
Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) 2010 durchgeführt] und dabei gut
20.000 PolizistInnen in zehn Bundesländern befragt. 82 Prozent von ihnen
gaben an, im vergangenen Jahr im Dienst beleidigt oder bedroht worden zu
sein, rund 27 Prozent wurden geschlagen oder getreten. Jeder 50. Polizist
wurde mit einer Schusswaffe bedroht. Laut Studie werden PolizistInnen
häufig Ziel von Angriffen, wenn sie bei Ruhestörungen oder Rüpeleien im
öffentlichen Raum oder bei Familienstreitigkeiten und häuslicher Gewalt
eingreifen.
## Fragen gestrichen
Ursprünglich wollten die ForscherInnen deutlich mehr Fragen auch zur
Persönlichkeit der BeamtInnen, ihrer Erziehung und eigener Opfererfahrung
stellen, räumt Dirk Baier ein. Der heutige Leiter des Instituts für
Delinquenz und Kriminalprävention in Zürich war damals an der KFN-Studie
beteiligt. „Nach Kritik insbesondere von der Deutschen Polizeigewerkschaft
haben wir den Fragenkatalog gekürzt.“ Das Bundesinnenministerium und einige
Länder hätten sich trotzdem nicht beteiligt.
Zwei Jahre später aber habe das Team bei einer kleineren Untersuchung in
Niedersachsen zumindest einige der Fragen aufnehmen können. Demnach habe
die Persönlichkeit der PolizistInnen relativ wenig Einfluss.
Den Erkenntnisgewinn einer neuen Studie hält Baier für „relativ gering“.
Die Zahlen seien gut erfasst und auch über die Täter sei viel bekannt:
meist junge Männer, die oft bereits zuvor auffällig geworden sind, der
Anteil derer mit Migrationsgeschichte etwas überdurchschnittlich. Oft seien
die Täter alkoholisiert, die Taten erfolgten oft aus Gruppen heraus. „All
das wissen wir eben schon.“
Ob Seehofer aber überhaupt eine Studie in Auftrag geben will, war zunächst
nicht zu erfahren. Die Überlegungen würden konkretisiert, heißt es aus dem
BMI. Alljährlich erstellt bereits das [5][Bundeskriminalamt ein Lagebild
zur Gewalt gegen PolizeibeamtInnen]. Die darin jüngst verzeichnete
steigende Tendenz ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: Sie geht
zumindest zum Teil auf strafrechtliche Verschärfungen zurück.
22 Jul 2020
## LINKS
[1] /Studie-zu-Racial-Profiling/!5695298
[2] /Studie-zu-Gewalt-gegen-Polizei/!5695689
[3] /Forschung-zu-Rassismus-in-Polizei/!5687952
[4] https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/11-06-2…
[5] https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilde…
## AUTOREN
Sabine am Orde
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