# taz.de -- Die Wahrheit: Museum ohne Maori | |
> Neues aus Neuseeland: Nicht nur Denkmäler werden gestürzt, jetzt wird das | |
> Wachsfigurenkabinett der Eingeborenen eingemottet. | |
Bild: Feuerwerk zur Begrüßung von Matariki in der Region von Nelson, 18. Juli… | |
Die Denkmäler des Kolonialismus stürzen. Doch was ist mit den Figuren, die | |
nicht Sklaventreiber und Eroberer verkörpern, sondern ihre Opfer? Während | |
in Christchurch nach wie vor die Marmorstatue des umstrittenen Seefahrers | |
James Cook im Victoria Park thront – auch so ein überfälliger | |
königlich-kolonialer Name –, werden dort im Museum demnächst | |
Maori-Plastiken eingemottet. | |
Als Neuseeland in den Lockdown ging, wurde auch eine berühmte Familie für | |
immer abgeschottet: eine Gruppe von drei lebensgroßen Maori-Figuren im | |
Canterbury-Museum, die vorkoloniale Zeiten darstellen sollen. Der Mann | |
kratzt mit einem Stein am Fels, die Frau im Federumhang macht Feuer, das | |
Kind trinkt aus einer Kalabasse. Alltag in Aotearoa, bevor die Briten | |
kamen. Schulkinder und Touristen lieben diese Museumshalle. | |
1993 wurde das Diorama mit einem Tourismus-Preis für den „besten Beitrag | |
für kulturelle Verständigung“ geehrt. Manche finden das | |
Wachsfigurenkabinett der Eingeborenen jedoch gruselig. Und einige | |
beleidigend. Jetzt ist das Glasfenster, durch das die neolithische Familie | |
seit 28 Jahren neben Moa-Jägern und Sammlern bestaunt wurde, verhängt. Dazu | |
eine gedruckte Entschuldigung für diese Fehlpräsentation. | |
Schon lange gab es Proteste. Dave Brennan repräsentierte bis 2005 die | |
Stämme Ngāi Tūāhuriri Rūnanga und Ngāi Tahu im Museumsvorstand. Er | |
beschwerte sich darüber, dass seine Vorfahren nur als Höhlenmenschen mit | |
Neandertaler-Zügen dargestellt wurden, ohne ihre Tätowierungen und das | |
Kunsthandwerk, das sie mit ihren Vorfahren verbindet. „So sind sie | |
niemand“, sagte Brennan. Es dauerte fünfzehn Jahre, bis er gehört wurde. | |
Kontrovers ist auch ein altes Ölgemälde in Wellington, für das das | |
Nationalmuseum Te Papa 1,5 Millionen Dollar zahlte. Das Werk aus dem Jahr | |
1861 heißt „View of Mt Egmont, Taranaki, New Zealand, taken from New | |
Plymouth, with Maoris driving off settlers“ (Blick vom Mount Egmont … mit | |
Maoris, die Siedler vertreiben). Es zeigt wilde Krieger, die friedliche | |
Pioniere bedrohen, Vieh stehlen und Häuser anzünden. | |
Abgesehen davon, dass der Plural von „Maori“ auch „Maori“ heißen muss,… | |
das Kunstwerk eine Falschdarstellung der blutigen Kolonialgeschichte – | |
besonders in der Region Taranaki, wo britische Soldaten das Friedensdorf | |
Parihaka stürmten, niederbrannten und Frauen vergewaltigten. Ein | |
Maori-Ältester aus Taranaki sagte, dass das Ölbild „aufs Feuer und | |
verbrannt“ gehöre. | |
Kurz vorm Abfackeln steht auch der „Time Tunnel“ der Gondelbahn in | |
Christchurch. Besucher werden durch einen Gang geführt, in der vom Band die | |
Geschichte der Region erklärt wird. „Total anstößig“ sei das | |
Touri-Erlebnis, da es Kolonialisten verherrliche und Maori-Wörter falsch | |
ausspreche, so die Kritik. Das Gruselkabinett wurde jedoch 2006 bei der | |
Eröffnung von Stammesseite aus abgesegnet. Jetzt werden die Kommentare auf | |
Tripadvisor zur Waffe. | |
23 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
## TAGS | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Neuseeland | |
Maori | |
Denkmäler | |
Kolumne Die Wahrheit | |
Neuseeland | |
Neuseeland | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Neuseeland | |
Neuseeland | |
Neuseeland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wahrheit: Terror-Rap im Irrsinn | |
Neues aus Neuseeland: In Aotearoa lassen sich Menschen vor den | |
Verschwörungstheoretikerkarren spannen, die zum Teil Besseres verdient | |
hätten. | |
Die Wahrheit: Corona auf der Südhalbkugel, Teil 2 | |
Neues aus Neuseeland: In Aotearoa versucht nicht nur Regierungschefin | |
„Jacman“ Jacinda Ardern tapfer gegen Corona-Social-Media-Legenden | |
vorzugehen. | |
Die Wahrheit: Langzeithochzeitsreise | |
Neues aus Neuseeland: Aotearoa gilt als coronafrei. Wer würde da nicht um | |
die halbe Welt schippern, um ins Paradies zu gelangen? | |
Neujahr nach dem Maori-Kalender: Silvester mit Siebengestirn | |
Neuseeland feiert das Maori-Neujahr mit Blick auf die Sterne. Matariki ist | |
keine Böllerparty, sondern Rückbesinnung auf die indigene Kultur. | |
Die Wahrheit: Coronaparadise closed | |
Neues aus Neuseeland: Im fernen Aotearoa ist nur noch willkommen, wer einen | |
landestypischen Pass sein Eigen nennt. Das hat gar tragische Folgen. | |
Die Wahrheit: Absturz statt Denkmal | |
Neues aus Neuseeland: Auch am Ende der Welt bläst die Jugend zum | |
Bildersturm. Stürzt die Eroberer, versenkt die Pioniere tief in der Südsee! | |
Die Wahrheit: Blumen für Bloomfield | |
Neues aus Neuseeland: Der führende Virologe Aotearoas gilt als Sexsymbol | |
und wird hymnisch besungen. Jetzt verschwindet er aus der Öffentlichkeit. |