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# taz.de -- Die Wahrheit: Corona auf der Südhalbkugel, Teil 2
> Neues aus Neuseeland: In Aotearoa versucht nicht nur Regierungschefin
> „Jacman“ Jacinda Ardern tapfer gegen Corona-Social-Media-Legenden
> vorzugehen.
Satte 102 glorreiche Tage lang lebten wir Kiwis in der Illusion, Corona
besiegt zu haben. Feierten Partys, drängelten am Skilift, stürmten Tinder.
Keine Masken, keine Panik mehr und keine neuen Fälle außer bei denen, die
ab der Ankunft zwei Wochen lang hinter Hotelmauern in strenger Quarantäne
festsitzen müssen. Wohl leider nicht streng genug. Jetzt ist der Spaß erst
mal vorbei.
Securityleute, die Covid-Knastis bewachen sollten, sind im Job
eingeschlafen. Und etliche der Internierten büxten vorzeitig aus, weil sie
die Isolation nicht mehr ertrugen oder endlich wieder in den Supermarkt
wollten. Eine 43-Jährige schrie das Personal des Pullman Hotels in Auckland
an und kletterte über den Zaun. Zwei Stunden später wurde sie einkassiert.
Es gab Flüchtlinge, die auf Spritztouren gingen – und eine fünfköpfige
Familie aus Brisbane, wegen eines Todesfalls angereist, die völlig mit den
Nerven runter aus ihrem Quarantäne-Hotel in Hamilton abhaute. Ob’s an denen
lag oder ob das Virus sich vom Flughafen aus heimlich ins Volk einschlich:
Auf jeden Fall ist es in Auckland gelandet und die Großstadt befindet seit
einer Woche wieder im Lockdown.
Im australischen Melbourne, wo die Fallzahlen erneut explodierten, begann
ein Securitymann eine Kurzromanze mit einer Covidkranken im Hotel. Aus
diesem Stoff werden bald Filme wie „Bodyguard“ gemacht. Und bei uns
Gerüchte fabriziert: Eine junge Frau aus der infizierten Familie in
Auckland habe angeblich ein illegales Quarantäne-Rendezvous mit ihrem aus
Australien deportierten Boyfriend gehabt – die Quelle neuen Übels.
Alles kompletter Blödsinn. Und zwar so sehr, dass die Regierung öffentlich
auf diese Social-Media-Legende eingehen musste. Apropos Lüge: Im Juni
behauptete ein Abgeordneter der konservativen Opposition, dass sich ein
Obdachloser den Zutritt in ein Vier-Sterne-Hotel in Auckland erblufft
hätte, um dort zwei Wochen lang als angeblicher Rückkehrer Quarantäne mit
Vollpension zu genießen. Ebenfalls nicht wahr.
Apropos Film: Dass der Großbereich Auckland auf Stufe 3 ist und der Rest
des Landes wieder auf Level 2 mit Sicherheitsabstand, hat außer der Chance,
dass wir die Sache hoffentlich schneller in den Griff kriegen als
Australien, noch einen anderen Vorteil. Der fängt mit Ashley an und hört
mit Bloomfield auf. Der vergötterte Doktor an Jacinda Arderns Seite tritt
ab sofort wieder jeden Mittag als Obervirologe vor die Nation.
Das „1 pm briefing“ hat eine eigene Seite auf IMDb bekommen, der Internet
Movie Database, die eigentlich Spielfilmen und Fernsehserien vorbehalten
ist. Zuschauer bewerten die neue Staffel von Ardern und Bloomfield als
„beliebteste Sendung von 2020“, auch wenn die Handlung wohl ins Leere
führe.
Während „Jacman und Robin“ die Show liefern, stimmt Neuseeland darüber ab,
wie ein neuer Schlepper im Hafen von Auckland heißen soll. Einer der
Favoriten ist „Dr Ashley McBoatField“. Keine Lüge!
20 Aug 2020
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Neuseeland
Fake News
Covid-19
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Religion
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