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# taz.de -- Berliner Stimmen aus der Quarantäne (5): Die Wucht des Theaters
> Die Komponistin, Produzentin und Chorleiterin Barbara Morgenstern
> berichtet über ihre Arbeit an Musik- und Theaterprojekten in Zeiten von
> COVID-19.
Bild: Barbara Morgenstern im Ballhaus Berlin, Dezember 2018
taz: Frau Morgenstern, was würden Sie in einer Welt ohne Covid 19 gerade
machen?
Barbara Morgenstern: Ich würde mit Rimini Protokoll unser Stück
„[1][Chinchilla Arschloch, waswas]“, bei dem ich mit drei Performern auf
der Bühne stehe, die Tourette haben, in München und Düsseldorf auftreten.
Außerdem hätte mein „Chor der Kulturen der Welt“ am 19. Juni bei der
Straßen-Oper „Lauratibor“ zum Erhalt von Ratibor14 und Lause10 und gegen
Vertreibung und Mietspekulation mitgesungen. Statt dessen nehmen wir gerade
das Stück für die Oper auf, sie wird am 20. Juni von den Balkonen in
Kreuzberg im Radio gesendet (20 Uhr, Reboot FM 88.4,
[2][www.lauratibor.de])
Was haben Sie zuletzt gestreamt, das Sie besonders gut oder schlecht
fanden? Und warum?
Ich habe nur einmal einen Live-Stream gesehen, weil ich selber bei der
Veranstaltung dabei war und mich das Thema sehr gefesselt hat. Es war die
Denkfabrik „[3][Politik und Gefühl]“ initiiert von dem Center for
Literature an der Burg Hülshoff bei Münster. Es gab unfassbar viele tolle
Beiträge und Gespräche zu dem Thema. Und ich habe im Nachhinein ein tolles
Konzert von [4][Bernadette La Hengst] auf Kampnagel geguckt, war aber nicht
live dabei.
Ansonsten fiel es mir schwer, mich bei Streams wirklich voll dem Geschehen
zu widmen, ich bin dann doch recht abgelenkt von dem, was in meiner
Umgebung passiert. Ich habe aber auch erstaunlich wenig sonst geguckt (TV
oder gestreamte Filme/ Serien).
Was halten Sie vom (oft kostenlosen) Streaming von Theateraufführungen,
Konzerten, DJ-Sets oder Lesungen?
Das ist eine schöne Alternative, kann aber das Live-Erlebnis nicht
ersetzen. Gerade im Theater ist die körperliche Präsenz entscheidend, die
Wucht kann per Stream nicht übertragen werden. Genauso bei Konzerten, es
braucht halt einen fetten Sound, den man auch spüren muss und die
Gemeinschaft im Publikum fehlt auch. Beim Theater auch sehr wichtig: das
Nachbesprechen mit anderen Theaterbesuchern.
Welchen Ort in Berlin vermissen Sie gerade am meisten?
Das Haus der Kulturen der Welt und die Proben mit meinem Chor dort.
Womit vertreiben Sie sich aktuell am liebsten die Zeit? Welche Routinen
haben Sie seit dem Lockdown entwickelt?
Ich bin und war viel draußen, gehe laufen im Wald oder Paddeln. Eine
Routine, die sich gerade durch die Schulöffnung wieder auflöst hat, war:
viel länger schlafen, um 11 Uhr mit Homeschooling anfangen (abwechselnd mit
dem Vater meiner Tochter), danach alleine arbeiten. Abends kochen, Spielen
oder einen Film gucken.
Ist die Pandemie nur Krise oder auch Chance?
Auf jeden Fall auch Chance. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer
sehr engen Freundin von mir über die Frage: was geschieht nach Corona? Wird
das Bewusstsein für die Klimakrise sich ändern, wird politisch wirklich
etwas geschehen, was passiert mit der AfD und dem wachsenden Rassismus?
Wird es eine gerechtere Entlohnung geben, besonders im Gesundheitssektor?
Die Demonstrationen in den USA sind ein Zeichen der Hoffnung. Ich hoffe,
dass auch in Deutschland noch mehr demonstriert wird, gegen Klimawandel,
für eine solidarische Gesellschaft, gegen Rassismus. Viele Realitlitäten
und Kluften sind durch die Corona-Krise deutlicher sichtbar geworden und
sind hoffentlich bleibende Motivation zu Taten.
12 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.rimini-protokoll.de/website/de/project/chinchilla-arschloch-was…
[2] http://www.lauratibor.de
[3] https://www.burg-huelshoff.de/programm/kalender/denkfabrik
[4] https://www.youtube.com/watch?v=Rl6rOd2tlfc
## AUTOREN
Antonia Herrscher
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