| # taz.de -- Prozess in Rosenheim am Mittwoch: Der Polizist mit dem Hitlergruß | |
| > Zwei Beamte sind angeklagt wegen der Verwendung von Kennzeichen | |
| > verfassungswidriger Organisationen – und vom Dienst suspendiert worden. | |
| Bild: Mal wieder ein Einzelfall: Polizisten sollen in einem Rosenheimer Lokal d… | |
| München taz | Zwei Bundespolizisten sollen in einem Rosenheimer Lokal den | |
| Hitlergruß gezeigt und „Heil Hitler“ gerufen haben. Die Tat, die schon fast | |
| zwei Jahre zurückliegt, wurde am Mittwoch vor dem Amtsgericht Rosenheim | |
| verhandelt – mit Zeugenaussagen, die allerdings nicht allzu viel Aufklärung | |
| brachten. | |
| Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten die [1][Verwendung von | |
| Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen] vor. Am 30. August 2018, so | |
| heißt es in den Strafbefehlen, hätten die beiden mit mindestens vier | |
| weiteren Personen an einem großen Tisch vor dem Restaurant gesessen und | |
| eifrig diskutiert. Thema: Flüchtlingspolitik. Es war schon elf Uhr, in der | |
| Stadt herrschte jedoch wegen des Rosenheimer Herbstfestes noch reges | |
| Treiben. | |
| Die verbalen Ausfälle der beiden Beamte wurden demnach immer heftiger. | |
| Irgendwann sei der eine der beiden Männer, ein Rosenheimer, in das Lokal | |
| gegangen, um weitere Getränke zu holen. Als er zurückkam, habe er die | |
| Getränke abgestellt, laut „Heil Hitler“ gerufen und den Arm zum Hitlergruß | |
| ausgestreckt. Sein Kollege, ein Mann aus Pasewalk in | |
| Mecklenburg-Vorpommern, habe zumindest einmal ebenfalls „Heil Hitler“ | |
| gerufen. | |
| Der Außenbereich des Lokals grenzt direkt an die Fußgängerzone, die zu | |
| dieser Zeit wegen des Volksfestes gut besucht gewesen sei, so dass auch | |
| dort das verfassungsfeindliche Nazi-Gebahren der Männer wahrgenommen werden | |
| konnte. | |
| ## Getrübte Erinnerung | |
| Zu Beginn der Verhandlung bat die Richterin einer Sprecherin zufolge zu | |
| einem Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern. | |
| Ein solches Gespräch hätte beispielsweise die Einstellung des Verfahrens | |
| gegen eine Geldauflage zur Folge haben können. Das Gespräch sei jedoch | |
| ergebnislos verlaufen. Deshalb habe man nun in die Beweisaufnahme | |
| einsteigen müssen, sprich: die ersten Zeugen hören. | |
| Wegen der strengen Bestimmungen zur Eindämmung der [2][Coronapandemie] | |
| durften nur drei Pressevertreter in den Gerichtssaal. Den Berichten zweier | |
| lokaler Medien ist zu entnehmen, dass die Angeklagten selbst keine Aussage | |
| machten, aber mittels ihrer Verteidiger zu verstehen gaben, dass sie die | |
| Vorwürfe bestreiten. | |
| Die Aussagen der ersten Zeugen waren den Berichten zufolge zumindest | |
| widersprüchlich. So behauptete eine weitere Beamtin, die zum möglichen | |
| Tatzeitpunkt auch am Tisch saß und ebenfalls rassistische Äußerungen von | |
| sich gegeben haben soll, sie sei so betrunken gewesen, dass sie sich | |
| eigentlich an gar nichts erinnern könne. In ihrer ersten Vernehmung bei der | |
| Kriminalpolizei hatte sie noch ihren Bekannten belastet. Aber nur, weil die | |
| Kripo-Beamten sie unter Druck gesetzt hätten, wie sie nun zu verstehen gab. | |
| Auch andere Zeugen waren an dem Abend offenbar erheblich alkoholisiert und | |
| beriefen sich jetzt auf ihr stark reduziertes Erinnerungsvermögen. Am | |
| präzisesten war den Angaben zufolge die Aussage des ersten Zeugen, des | |
| Mannes, der die Männer bei der Polizei angezeigt hatte. Er war mit Freunden | |
| vom Herbstfest gekommen und habe sich in dem Lokal dann zu den Angeklagten | |
| mit an Tisch gesetzt. So habe er die Diskussion mitbekommen, die verbal | |
| immer mehr entgleist sei. | |
| Als es dann zu den „Heil Hitler“-Rufen gekommen sei, habe er sich entfernt | |
| und die Polizei gerufen. Der Kellner des Restaurants wiederum gab an, keine | |
| rassistischen oder faschistischen Parolen am Tisch gehört zu haben. Der | |
| Mann, der dann Anzeige erstattet habe, hätte ihn jedoch zuvor bereits nach | |
| Kokain gefragt. | |
| Die beiden Beamten sollen derzeit vom Dienst suspendiert sein. Eine | |
| Verurteilung könnte wohl auch eine dauerhafte Entfernung aus dem | |
| Polizeidienst zur Folge haben. | |
| Die Verhandlung wird am 24. Juni fortgesetzt. | |
| 4 Jun 2020 | |
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| Dominik Baur | |
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