# taz.de -- Rechtes Öko-Magazin „Die Kehre“: Den Grünen den Naturschutz n… | |
> Eine neue Zeitschrift bezieht sich auf Heidegger und beschwört extrem | |
> rechte Umwelt-Philosophie. Prominenter Leser: Björn Höcke. | |
Bild: Welche Kehre soll er nehmen? | |
Das Gerücht um ein neues „Ökomagazin“ aus dem extrem rechten Milieu | |
kursiert schon länger. Wer wird das Magazin verantworten, welches Netzwerk | |
steckt dahinter? In diesen Tagen ist es nun erschienen: Die Kehre – | |
Zeitschrift für Naturschutz. Viermal im Jahr soll es erscheinen. Die | |
Redaktion leitet Jonas Schick, der aus der rechtsextremen „Identitären | |
Bewegung“ kommt. | |
Ein Leser outetet sich schon: Björn Höcke. Der thüringische | |
AfD-Landesfraktionsvorsitzende, welcher [1][als Faschist bezeichnet werden | |
darf], schwärmt von dem Magazin. Bei Facebook posiert der Rechtsextreme auf | |
einer Parkbank sitzend im Heft vertieft. Und schreibt: „Daß die | |
heimathassenden Grünen das Thema Naturschutz gekapert haben, ohne ihm | |
gerecht werden zu können, ist eine der Tragödien der deutschen | |
Nachkriegsgeschichte.“ Mit der Kehre solle der Naturschutz ihnen | |
„entwendet“ werden. | |
Das Magazin hat zuvor schon der Verein „Ein Prozent für unser Land“ | |
beworben. Die Publikation kann somit auch dem Spektrum um das „Institut für | |
Staatspolitik“ um Götz Kubitschek zugeordnet werden. Das neurechte Institut | |
führt das Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall, | |
politisch steht es hinter dem Höcke-Kurs in der AfD. | |
Das Magazin wird flankiert von einem Blog. Hier heißt es, dass die | |
„Zeitschrift“, die „Ökologie aus ganzheitlicher Perspektive betrachten“ | |
will, um „der aktuell stattfindenden Verengung auf den ‚Klimaschutz‘“ | |
entgegenzuwirken. Eine „Lehre von der gesamten Umwelt“ müsse | |
„Kulturlandschaften, Riten und Brauchtum, also auch Haus und Hof“ mit | |
einschließen. Und hier wird auch der Name des Magazins erklärt: Er bezieht | |
sich auf Martin Heideggers Werk „Die Technik und die Kehre“. | |
## Heideggers Vision als Namensgeber | |
In dem 1951 veröffentlichten Vortrag geht der zutiefst antisemitische | |
Philosoph auf die Wirkung der Technologie ein, in der er eine fatale Gefahr | |
sieht. Am Horizont erkennt Heidegger die Möglichkeit einer Kehre. Im | |
Nationalsozialismus sah er eine „Möglichkeit zur Umkehr, zur Befreiung von | |
der Moderne“, schreibt ein Autor zu Technikphilosophie über den Vortrag. | |
Eine Verbindung, die Chefredakteur Schick ignoriert. In einem | |
Grundsatzartikel werden vielmehr „das System des Liberalismus“ und die | |
„globalisierte Industrialisierung“ verantwortlich gemacht, dass die „Ozea… | |
voller Plastik; die Flüsse voller Stickstoff und Phosphor; die Luft voller | |
Schadstoffe; die Böden ausgelaugt“ seien und die Biodiversität zur Einfalt | |
schrumpfe. Soweit eine Kritik, die nicht bloß von weit rechts kommt. | |
Der Grundsatzartikel enthält aber auch Bezüge auf den Begründer des | |
„Heimatschutzes“, Ernst Rudorff, und den Lebensphilosophen Ludwig Klages. | |
Rudorff verlautbarte 1903, dass beim Schutz des „deutschen Volkstums“ und | |
der „deutschen Heimat“ Juden und Frauen unerwünscht seien. Klages glaubte | |
noch 1944 an eine Überlegenheit der Germanen. | |
## Konservative nicht rechts genug | |
Mit Bezug auf Rudorff und Klages betont Die Kehre, dass „Naturschutz, | |
Heimatschutz, ökologische Technikkritik“ einst „Kernthemen der Rechten | |
gewesen“ waren. In den 1970er Jahren hätte die „grüne Bewegung“ die „… | |
Technokraten verkommenen ‚Konservativen‘“ „ihrer ‚Kronjuwelen‘ bera… | |
Die Redaktion wirft so auch nicht bloß der „Linken“ vor, nicht | |
„vollumfänglich ökologisch“ denken zu können, sondern auch der | |
„bundesrepublikanische Konservatismus“ sei „selbst Teil des Problems“. | |
Keine neue Anfeindung im neurechten Milieu. | |
Die Kehre wird über den Dresdner Oikos Verlag vertrieben. Die ihn | |
beherbergende Immobilie gehört AfD-Mann Hans-Joachim Klaudius und wird von | |
weiteren rechten Akteuren von „Ein Prozent“ genutzt. Dessen Vorstand Philip | |
Stein schrieb für das NPD-nahe Magazin Umwelt & Aktiv (U&A), deren | |
Printausgabe jüngst eingestellt wurde. | |
Die Kehre füllt die Lücke; auch ein erster prominenter Autor ist schon | |
gewonnen: Michael Beleites. Der Initiator der ersten DDR-Umweltproteste, | |
ehemalige Grünen-Berater und Ex-Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen | |
in Sachsen referierte 2018 beim „Institut für Staatspolitik“. 2015 führte | |
er im Vorwort des Buches „Pegida. Spaziergänge über den Horizont“ aus, da… | |
„wer nicht links“ sei, gleich als „Nazi“ ausgemacht werde. | |
2 Jun 2020 | |
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[1] /Ist-Bjoern-Hoecke-ein-Faschist/!5662526/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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