# taz.de -- TV-Rechte der Fußball-Bundesliga: Wandel ist schwer denkbar | |
> Am Montag gibt die DFL bekannt, an welche Sender die TV-Rechte der | |
> Bundesligaspiele der nächsten Jahre gehen. Erstmals könnte weniger Geld | |
> fließen. | |
Bild: Bayerns Jerome Boateng (l) und Lucas Hernandez feiern den Gewinn der acht… | |
Kürzlich, Fortuna Düsseldorf hatte gerade standesgemäß 0:5 gegen den FC | |
Bayern verloren, wurde Düsseldorfs Vorstandsvorsitzender Thomas Röttgermann | |
deutlich: „Die Schere geht immer weiter auseinander, und auf dem Weg dahin | |
verlieren wir alle Menschen, die mit Fußball etwas anfangen können. Wir | |
müssen die Prinzipien hinterfragen.“ Der Erste der TV-Tabelle bekomme | |
derzeit 1.000 Prozent mehr als der Letzte. | |
Explizit forderte Röttgermann eine gleichere Verteilung der TV-Gelder. | |
„Wenn nicht jetzt, wann dann?“ So deutlich wie in den vergangenen Monaten | |
ist Systemkritik aus den inneren Zirkeln der Männer-Bundesliga kaum je | |
gewesen. Die Turbulenzen der Krise haben den ohnehin bestehenden Frust der | |
Abgehängten befeuert. Am Montag wird nun die DFL bekannt geben, welche | |
Sender sich die Rechtepakete zwischen 2021 und 2025 gesichert haben. Die | |
Klubs hängen massiv von diesen Geldern ab, Medienrechte bilden 36 Prozent | |
ihrer Einnahmen. Wie viel bleibt von der Solidarität übrig, wenn wieder | |
Geld fließt? | |
Die Medien sind es, die den Zirkus Männerfußball begründet haben. Durch die | |
Konkurrenz von Öffentlich-Rechtlichen, Privatfernsehen und Pay-TV sind die | |
Preise für die Medienrechte in den Neunzigern explodiert, von 45 Millionen | |
auf schließlich 330 Millionen Mark pro Spielzeit. 4,6 Milliarden Euro | |
zahlen die Sender derzeit für vier Jahre für die deutschsprachigen | |
Übertragungsrechte, das meiste Geld wird nach sportlichem Erfolg verteilt. | |
Sie finanzieren die wachsende Ungleichheit im Fußball – und schaden dem | |
eigenen Geschäftsmodell. 2018 forderte Sky den Fußball auf, die TV-Gelder | |
doch bitte gerechter zu verteilen. Es ist eine komplizierte Symbiose. | |
Erstmals seit Jahren könnte die DFL nun einen Abwärtstrend verkünden. Im | |
April brachen die Werbeumsätze im deutschen Pay-TV um 76 Prozent ein, vor | |
allem durch den fehlenden Live-Sport. „Die Zeit des ungebremsten Wachstums | |
ist auch im weltweiten Fußball-Geschäft vorbei“, schrieb diese Woche der | |
Kicker. Jüngst hat Eurosport seinen Vertrag gekündigt, auch deshalb gibt es | |
in der kommenden Spielzeit 150 Millionen Euro weniger. Der Kicker will | |
erfahren haben, dass die Offerten der laufenden Auktion „deutlich geringer | |
ausfallen“ als zuletzt. | |
Besitzstandswahrung mit Geisterspielen | |
Damit ist das Geschäftsmodell noch nicht grundsätzlich unter Druck. Seit | |
Mitte Mai pflegt die Bundesliga vergleichsweise erfolgreich | |
Besitzstandswahrung mittels Geisterspielen; entgegen kritischen Prognosen | |
gab es bisher keine großen Infektionsherde, auch die Zustimmungswerte der | |
Öffentlichkeit zum Geisterspielbetrieb haben sich erhöht. Aber weiterhin | |
ist eine bemerkenswerte Zahl von 37 Prozent dagegen – wohl weniger aus | |
moralischen Gründen denn aus narzisstischer Kränkung der Fan-Seele. | |
Das drückt sich in den TV-Werten aus. Während der Bezahlsender Sky durch | |
sein Abo-Modell Quoten auf Vor-Corona-Niveau verzeichnet, verliert die | |
ARD-Sportschau weiter an Boden. Die Quoten sanken von den üblichen 4,81 | |
Millionen auf 3,30 Millionen. Die Öffentlich-Rechtlichen fallen im Rennen | |
weiter zurück. Eine neue Geistersaison wäre fatal. | |
Eine Wachablösung unter den Giganten dagegen dürfte sich verschieben. Lange | |
galt es als ausgemacht, dass Amazon in dieser Auktion Sky angreifen werde, | |
aber die Möglichkeit einer zweiten Infektionswelle und das bis Ende Oktober | |
verlängerte Verbot von Großveranstaltungen scheint allzu große finanzielle | |
Freigiebigkeit zu dämpfen. | |
Und die Solidarität? So oft war auch bei den Großklubs davon die Rede, dass | |
man meinen konnte, es werde gleich im Sitzkreis für den Frieden gesungen. | |
Eine Task Force „Zukunft Profifußball“ soll an Reformen arbeiten. | |
Karl-Heinz Rummenigge verstieg sich sogar zur Behauptung: „Ich glaube, wir | |
sind ein Vorbild für die Politik und für das deutsche Volk.“ Wer in diesen | |
Tagen aber den Talkshows zuhört, ahnt, dass es bei einer Reform vorwiegend | |
um mehr Krisenresilienz gehen wird, nicht um Umverteilung. | |
Dem Fußballmittelstand kann das nicht reichen. Er hat sich 2019 im | |
DFL-Präsidium mehr Einfluss gesichert, und der offensichtlichste, wenn auch | |
sicher nicht effektivste Schlüssel zur Umverteilung sind die TV-Gelder. | |
Wandel ist im Männerfußball immer noch schwer denkbar. Aber sagbar. | |
18 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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