# taz.de -- Tröpfchenwanderung trotz Abstand: Der Corona-Döner | |
> Ich wollte nach Monaten der Entbehrung endlich mal wieder einen Döner | |
> essen. Doch das führte zu einer unerfreulichen Begegnung. | |
Bild: Gibt's für unseren Autoren mit und ohne Tröpfchen: Döner Kebab | |
Seitdem dieses Corona in unser Leben eingetreten ist, habe ich keinen Döner | |
mehr gegessen. Nicht, weil das Döner-fleisch infiziert sein könnte. Die | |
Coronaviren könnten doch die hohen Temperaturen niemals überleben. Wenn | |
doch, der Knoblauch würde denen den Garaus machen. | |
Ich gehe schmachtend zum Dönerladen und lese die Preise am Schaufenster. | |
Hähnchen-Döner 4,50 Euro. Rinder-Döner 5,00 Euro. Kinder-Döner 3,50 Euro. | |
„Ist der Kinder-Döner aus echtem Kinder-Fleisch?“, frage ich den Verkäufer | |
spaßeshalber. Er schaut mich sehr grimmig an. In Zeiten von Corona versteht | |
er keinen Spaß. | |
Ich nehme vorsichtshalber einen Rinder-Döner und verziehe mich. | |
Gerade als ich nach Monaten der Entbehrung herzhaft reinbeißen will, sehe | |
ich schockiert, dass der entgegenkommende Mann mit aller Kraft zum Niesen | |
ansetzt – ohne Mundschutz! | |
Ich will meinen Döner verstecken, ich will mich verstecken, ich will | |
wegrennen – aber keine Chance! | |
Der rücksichtslose Kerl verpasst mir und meinem armen Döner blitzschnell | |
und mit großer Wucht eine stürmische Corona-Dusche. | |
„Wie soll ich denn jetzt diesen Döner essen?“, brülle ich total sauer. �… | |
haben meinen Döner verseucht! Ich sehe 3.000 Coronaviren darauf rumtanzen!“ | |
„Ich war doch 1,5 Meter entfernt.“ | |
„Der 1,5-Meter-Sicherheitsabstand gilt nur für eine normale Unterhaltung. | |
Als Sie husteten, schickten Sie 3.000 Tröpfchen acht Meter weit auf | |
Wanderschaft, mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h – und zwar direkt auf | |
meinen Döner!“ | |
„Wie kommen Sie denn auf 3.000 Tröpfchen? Haben Sie sie nachgezählt?“ | |
„Gucken Sie denn nie Fernsehen? Also, ich verkaufe Ihnen diesen Döner mit | |
Ihren eigenen Bazillen, damit ich mir einen Nichtverseuchten holen kann.“ | |
„Sind Sie verrückt? Ich rühre dieses ekelhafte Zeug nicht mal an, das Sie | |
mehrmals gebissen haben!“ | |
„Ich hatte noch nicht das Vergnügen zu beißen!“ | |
„Aber angefasst schon!“ | |
„Ich habe nur mit dem Zeigefinger kurz etwas rumgewühlt, um zu schauen, ob | |
auch genug Zwiebeln drin sind.“ | |
„Sehen Sie, ich mag keine Zwiebeln. Bekomme Sodbrennen von dem Zeug. Sie | |
können aber jetzt essen, die Viren sind inzwischen sicherlich tot.“ | |
„Alle 3.000 ganz bestimmt nicht! Einige davon sind bis zu neun Tagen | |
überlebensfähig – was Sie persönlich aber nicht mehr erleben werden!“, | |
brülle ich. | |
Genau im richtigen Moment – kurz bevor es irgendwelche indirekten | |
Coronatote gibt – kommt der Dönerverkäufer angerannt: | |
„Das hier mit viel Zwiebeln ist für dich, Bruder. Und das hier ohne | |
Zwiebeln ist für Sie, mein Herr. Bitte streitet euch woanders. Ihr | |
verscheucht mir die paar letzten Kunden, die ich noch habe.“ | |
10 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Osman Engin | |
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