# taz.de -- Neonazipartei „Der III. Weg“: Stickern gegen falsche Helden | |
> Der Gründer eines Pankower Seniorenheims hatte einen revisionistischen | |
> Gedenkstein aufgestellt – gefeiert von „sozialen“ Nazis. | |
Bild: Der Stein des Anstoßes | |
BERLIN taz | Pinkfarbene Aufkleber tauchten Ende Mai an den Laternenmasten | |
und Stromkästen in Französisch Buchholz, im Norden Pankows, auf. | |
„NS-Verherrlichung stoppen“ steht darauf. Darunter ein Bild des | |
Unternehmers Michael Schöps und der Vorwurf: Ein Mahnmal für die | |
„gefallenen deutschen Helden beider Weltkriege“ habe er aufstellen lassen, | |
zusammen mit der Neonazipartei „Der III. Weg“. | |
Im Herzen von Französisch Buchholz, im Park der von ihm gegründeten | |
Seniorenresidenz Wohnpark Bismarck, hatte Schöps tatsächlich einen | |
schwarzen Granitquader errichtet, der laut einer weiteren Inschrift auch | |
„Den Opfern des alliierten Bombenterrors“ ein Denkmal sein sollte. Auf den | |
verbleibenden zwei Seiten stand: „Zur Erinnerung an die deutschen | |
Heimatvertriebenen“ und „Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, an | |
deines Volkes Aufersteh’n“. Unter einem Soldatenhelm aus hellerem Stein | |
sollte die Wehrmacht hier offensichtlich zur Heldentruppe, sollte die | |
Täternation zum Opfer umgedeutet werden. | |
Solches weist Schöps von sich. „Das Mahnmal thematisiert, bewertet und | |
relativiert nicht die Kriegsschuld Deutschlands in beiden Weltkriegen“, | |
ließ er vergangene Woche über eine Anwältin der Zeitung [1][Neues | |
Deutschland ] mitteilen. Vielmehr betrauere und kritisiere es die Folgen | |
von Gewalt und Krieg. | |
Wenn Schöps, der seinen Wohnpark nach Otto von Bismarck benannt hat, auch | |
ein klares politisches Statement nicht scheut, war ihm die Brisanz seines | |
Gedenksteins wohl bewusst. Von der Öffentlichkeit abgeschirmt, in einem | |
abgesperrten Bereich des Anwesens versteckte er ihn seit seiner Einweihung | |
2018. Diese wiederum löste offenbar eine Einweihungsparty von Anhängern der | |
Neonazipartei „Der III. Weg“ aus. So will es eine Recherche der | |
Emanzipativen Antifaschistischen Gruppe (EAG) aus Pankow, die den Stein im | |
Februar diesen Jahres aufspürte. | |
## „Heldengedenken“ im Seniorenpark | |
Bilder auf der Webseite von „Der III. Weg“ machen dies plausibel. Sie | |
zeigen den Gedenkstein, umringt von jüngeren Männern mit „III. Weg“-Mütz… | |
Einer trägt einen langen schwarzen Ledermantel, der an SS bzw. Gestapo | |
erinnert. Auch ältere Menschen, mutmaßlich Bewohner*innen des Wohnpark | |
Bismarck, sind in der herbstlichen Szene um den Stein versammelt. | |
„Zahlreiche Mitglieder unserer Partei“, so ist auf der Seite unter einem | |
Bild zu lesen, „und Vertreter dreier Generationen fanden sich ein, um | |
gemeinsam ein durch Spenden finanziertes Denkmal für die gefallenen Helden | |
beider Weltkriege, den Heimatvertriebenen und den Opfern des alliierten | |
Bombenterrors einzuweihen.“ Auch im November 2019 fand laut EAG im Wohnpark | |
Bismarck ein solches „Heldengedenken“ der Neonazis und Bewohner*innen | |
statt. | |
Zu den Gedenkfeiern und dem Verhältnis zur neonazistischen Kleinpartei | |
schwieg sich ein Anwalt des Wohnparks auf taz-Nachfrage aus. Stattdessen | |
teilte er mit, dass das Mahnmal jetzt „aus Gründen des Rechtsgüterschutzes�… | |
entfernt worden sei. Personen und Sachgüter im Umfeld des Wohnparks seien | |
im Nachgang der Berichterstattung über Stein und „Heldengedenken“ bedroht | |
und gefährdet, so der Anwalt. | |
Für den Sprecher der EAG ist das Bedrohungsszenario eine Schutzbehauptung, | |
um nach der Aufkleber-Aktion vom eigentlichen Skandal abzulenken. „Zu | |
keinem Zeitpunkt hatte die antifaschistische Gruppe das Ziel zu gefährden | |
oder zu bedrohen, besonders nicht im sensiblen Kontext eines Altenheims.“ | |
Die Berliner Polizei erklärte der taz auf Nachfrage, dass ihr die | |
Thematisierung des Gedenksteins im Ortsteil bekannt sei. „Strafrechtliche | |
Ermittlungen wurden diesbezüglich jedoch nicht geführt“, sagte ein | |
Sprecher. | |
## Rassistischer „Deutscher Sozialismus“ | |
Der EAG, die auch die Aufkleber gedruckt und im Stadtteil geklebt hatte, | |
ging es nach eigenen Aussagen darum, die Entfernung des Steins zu erwirken | |
und „den Rassismus von Michael Schöps zu skandalisieren“. Gemeint ist damit | |
Schöps’ energisches Auftreten gegen den Bau einer Geflüchtetenunterkunft im | |
brandenburgischen Schulzendorf. Als damaliger Vorsitzender des dortigen | |
Schützenvereins hatte er bei einer Bürgerbeteiligungsveranstaltung im Jahr | |
2015 Stimmung gemacht. Eine Online-Petition aus demselben Jahr, die eine | |
Bürgerbefragung zur Aufnahme von Geflüchteten in Schulzendorf zum Ziel | |
hatte, unterschrieb er mit den Worten: „Ich werde nicht tatenlos zusehen | |
wie unser Volk vernichtet wird!!!“ | |
Auch der „III. Weg“ ist seit 2015 in Berlin mit einem „Stützpunkt“ akt… | |
um gegen die Aufnahme von Geflüchteten Stimmung zu machen. 2013 wurde die | |
Partei als Nachfolgeorganisation des mittlerweile verbotenen | |
Neonazinetzwerks „Freies Netz Süd“ in Heidelberg gegründet. Von etwa 30 | |
Mitgliedern in Berlin geht der Verfassungsschutz aus, in der | |
Selbstdarstellung der Partei wird eine enge Verbundenheit zu den | |
„Stützpunkten“ in Brandenburg demonstriert, die wohl 300 Mitglieder | |
vereinen. So klein die Splitterpartei ist, so größenwahnsinnig ist ihre | |
Programmatik eines „Deutschen Sozialismus“. Zur Strategie gehört – | |
rassistisch und antisemitisch verbrämt – der vorgebliche Einsatz für | |
deutsche Obdachlose („Deutsche Winterhilfe in Berlin“) und die | |
Thematisierung der Wohnungsnot („Mietenwahnsinn stoppen – soziale | |
Gerechtigkeit für alle Deutschen!“). | |
Auch die [2][Coronakrise versucht sich die Gruppe zunutze zu machen]. Auf | |
ihrer Webseite demonstriert sie Präsenz bei den Samstagsdemos gegen die | |
Infektionsschutzmaßnahmen, am vergangenen Samstag wollen die Neonazis | |
Flugblätter unter dem Titel „Das System ist gefährlicher als Corona! | |
Globalisierung tötet“ in Treptow-Köpenick verteilt haben. „Das gesamte | |
deutsche Volk, insbesondere aber der Mittelstand, der Bauernstand, Alte und | |
Arbeiter leiden. Damit muss Schluss sein!“, so heißt es auf der | |
Parteiwebseite. | |
Die Betreuung von alten Menschen im Wohnpark Bismarck passt zur vorgeblich | |
karitativen Strategie des „III. Weges“. „Mit diesem Projekt wurde auch | |
gleichzeitig dem Namensgeber Otto von Bismarck, der die Schaffung eines | |
Sozialversicherungssystems durchsetzte, ein Denkmal gesetzt“, heißt es auf | |
der Wohnpark-Webseite in Bezug auf den „Eisernen“ Reichskanzler. Dem „III. | |
Weg“ gilt Bismarck als einer der frühen Vertreter ihres „Deutschen | |
Sozialismus“, so zeigt es die Selbstdarstellung im Netz. Dort ist auch zu | |
lesen, dass der Partei feste Anlaufpunkte fehlen, „um die Arbeit der Partei | |
und ihrer Arbeitsgruppen entsprechend vorstellen und nutzen zu können“. | |
## Verantwortung liegt bei Sicherheitsbehörden | |
Für den zuständigen Bezirksbürgermeister Sören Benn (Die Linke) liegt die | |
Verantwortung nun bei den Sicherheitsbehörden. Bereits im Neuen Deutschland | |
betonte er, es dürfe keine rechtsextremen Schutzräume geben, auch nicht auf | |
Privatgelände. | |
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hieß es: | |
Der Gründer eines Pankower Seniorenheims hatte einen revisionistischen | |
Gedenkstein aufgestellt – zusammen mit „sozialen“ Nazis. | |
Und: | |
Von der Öffentlichkeit abgeschirmt, in einem abgesperrten Bereich des | |
Anwesens versteckte er ihn seit seiner Einweihung 2018. Diese wiederum fand | |
offenbar im Beisein von Anhängern der Neonazipartei „Der III. Weg“ statt. | |
So will es eine Recherche der Emanzipativen Antifaschistischen Gruppe (EAG) | |
aus Pankow, die den Stein im Februar diesen Jahres aufspürte. | |
„Heldengedenken“ im Seniorenpark Bilder auf der Webseite von „Der III. We… | |
machen dies plausibel. | |
Dass der Gründer den Stein gemeinsam mit den Leuten vom III. Weg | |
aufgestellt hat, bestreitet dieser. Wir haben keinen Zweifel daran, dass er | |
die Wahrheit sagt. | |
Die Redaktion | |
3 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136999.geschichtsrevisionismus-st… | |
[2] /Nazis-nutzen-Coronakrise/!5678947/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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