Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Orbán-kritische Straßenzeitung in Ungarn: Preis für Guerilla-Pri…
> Von Hand gedruckt und in der Provinz verteilt: Eine kleine ungarische
> Zeitung hält das Ideal der unabhängigen Presse hoch.
Bild: Über die Jahre hat Viktor Orbán ein Meinungsmonopol errichtet
In der vergangenen Woche wurden zwei Facebook-User in Ungarns Provinz von
der Polizei verhört. Ihr Verbrechen: Sie hatten im Netz Kritik an Premier
Viktor Orbán geübt. Zwar sah die Staatsanwaltschaft keinen Grund, die
Männer weiter zu verfolgen, doch Oppositionelle verstehen die Aktion als
gezielte Einschüchterung.
Ausgewogene Nachrichten sind in Ungarn ein rares Gut. Praktisch alle
Regionalzeitungen, viele davon mit großer Auflage, wurden schon vor Jahren
in eine von der Regierung kontrollierte Stiftung gezwungen. Sie verbreiten
nur Nachrichten, die in [1][das zunehmend autoritäre Konzept des Premiers]
passen.
Gegen dieses Meinungsmonopol richtet sich die Straßenzeitung Nyomtass te
is, auf Deutsch: „Druck auch du!“. Am Wochenbeginn rücken in Kleinstädten
und Dörfern Freiwillige aus und verteilen zusammengefaltete DIN-A4-Blätter.
Passanten werden angesprochen. Manche nehmen das Blatt zögernd, andere
bereitwillig, wieder andere weisen es empört zurück.
Ursprünglich, so Kornel Klopfstein-László, einer der Mitbegründer der
Gratiszeitung, wurden unterdrückte Nachrichten ins Netz gestellt. Die Leser
sollten ein PDF selber ausdrucken. Aber so funktioniert das vor allem dort
nicht, wo die Herausgeber ihre Zielgruppe sehen, nämlich in der Provinz, in
den kleinen Gemeinden, wo die Regierungspropaganda flächendeckend
funktioniert. So erinnerte man sich an Samisdat, jene Untergrundmedien, mit
denen Dissidenten früher Informationen verbreiteten. Heute riskiert man
zwar nicht mehr Leben oder Freiheit, doch bedarf es einer gehörigen Portion
Idealismus. Und ohne die vielen Freiwilligen, die auf eigene Kosten jede
Woche die Zeitung vervielfältigen und verteilen, würde das System nicht
funktionieren.
Nyomtass te is ist ein unprätentiöses Medium. Auf vier Seiten werden
Nachrichten aus anderen Medien zusammengestellt, die in der
Regierungspresse nicht vorkommen: Skandale um die Günstlinge Orbáns,
Berichte rund um das [2][Tabu-Thema Migration und Flucht], Enthüllendes aus
dem vernachlässigten Gesundheitswesen oder dem Bildungssektor.
Anfang Mai wurde das Projekt mit dem [3][3. Preis der österreichischen
Sozialmarie ausgezeichnet], der mit 5.000 Euro dotiert ist. Eine echte
Hilfe, denn anders als traditionelle Gratiszeitungen, die in
U-Bahn-Stationen ausliegen, wird das Blatt nicht durch großzügige Werbung
gesponsert, sondern lebt von Kleinspenden und ehrenamtlicher Arbeit.
21 May 2020
## LINKS
[1] /Ungarns-autoritaere-Staatsumbildung/!5673611
[2] /Ungarns-Transitknaeste/!5684682
[3] https://www.sozialmarie.org/de/projects/7997
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Ungarn
Viktor Orbán
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Pressefreiheit
Ungarn
Ungarn
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berichterstattung über Ungarn: Gelebter Widerspruch
Árpád Szőczi trägt auf dem ungarischen Staatssender regierungstreue
Nachrichten vor. Bei der Deutschen Welle berichtet er meist das Gegenteil.
Protest für Medienfreiheit in Ungarn: Tausende gegen Orbáns Zugriff
Der Chefredakteur des Internet-Portals index.hu ist von den Gefolgsleuten
des Premiers geschasst worden. Jetzt haben sich nicht nur seine Mitarbeiter
mit ihm solidarisiert.
Sexuelle Minderheiten in Ungarn: Die transfeindliche Autokratie
Im Windschatten repressiver Coronagesetze treibt Ungarns Premier Orbán die
Demütigung von trans Menschen voran. EU-Abgeordnete protestieren.
EU-Gelder in der Coronakrise: Ungarns Regierung kassiert ab
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hilft dem ungarischen
Ministerpräsidenten Viktor Orbán in der Coronakrise mit Milliarden.
Ungarns autoritäre Staatsumbildung: Orbáns Wort ist jetzt Gesetz
Ungarns Ministerpräsident Orbán wettet schon jetzt darauf, dass die
Pandemie Autokraten wie ihn begünstigt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.