| # taz.de -- Corona statt Karneval der Kulturen: Bis nächstes Jahr beim Karneva… | |
| > Afghanistan interkulturell wollte beim Karneval der Kulturen dabei sein. | |
| > Hier schreiben die jungen Geflüchteten, wie sie mit dessen Absage | |
| > umgehen. | |
| Bild: So war es immer zu Pfingsten: Karneval der Kulturen 2019 | |
| Es war am Tag des Karnevals der Kulturen 2019. Wir, Pashtane Ahmadzio und | |
| Zahra Morowat, zwei junge afghanische Frauen, waren mit mehreren | |
| Freundinnen verabredet, um den Straßenumzug der vielen Gruppen | |
| unterschiedlichster Nationalitäten aus der Nähe zu erleben. | |
| Menschen aus aller Herren Länder zogen an diesem Tag durch die Straßen von | |
| Kreuzberg. Sie trugen fantastische Kostüme und tanzten auf oder zwischen | |
| den bunt geschmückten Wagen. Musik aller Art war zu hören, Darbietungen | |
| waren zu sehen, es gab alles, was uns fröhlich machte und unsere Sorgen | |
| vergessen ließ. | |
| Wir waren begeistert von so vielen schönen Auftritten von Menschen aus den | |
| unterschiedlichsten Ländern. Voller Sehnsucht und Vorfreude erwarteten wir | |
| eine Gruppe aus unserer afghanischen Heimat. Doch wir wurden enttäuscht. | |
| Als der Straßenumzug nach einigen Stunden vorüber war, stellen wir fest: | |
| Wir hatten uns umsonst gefreut. Kein Mensch aus unserem Land hatte am Umzug | |
| teilgenommen. | |
| Das machte uns traurig. Wir begannen zu recherchieren und fanden heraus, | |
| dass noch nie eine Gruppe aus Afghanistan am Karneval der Kulturen | |
| teilgenommen hatte, seit es dieses Fest in Berlin gab. So entwickelte sich | |
| bei uns die Idee, dafür zu sorgen, dass das in Zukunft anders wird. Wir | |
| meinten, dass auch unsere Berliner Community am jährlichen Fest teilnehmen | |
| sollte. | |
| Wir knüpften Kontakte und begegneten jungen Leuten aus Afghanistan, die | |
| offenbar auf den gleichen Gedanken gekommen waren wie wir. Wir schlossen | |
| uns zusammen und arbeiteten auch gemeinsam an den Vorbereitungen. Plötzlich | |
| gab es viel zu tun: Alle hatten ja noch andere Verpflichtungen wie Beruf, | |
| Studium, Ausbildung. | |
| Zeit war ein wichtiger Faktor geworden, wenn alle Vorbereitungen gründlich | |
| und pünktlich getroffen werden sollten. Denn wir alle sind junge Menschen, | |
| die in den letzten Jahren als Geflüchtete nach Berlin gekommen sind. Und | |
| wir alle sind uns der Verantwortung gegenüber unserer heimatlichen Kultur | |
| genauso bewusst wie unserer Verantwortung gegenüber der deutschen Kultur | |
| und Gesellschaft. In diese Gesellschaft wollen wir uns integrieren und | |
| einbringen. | |
| Wir sind überzeugt davon, dass es zur Integration gehört, wenn wir unsere | |
| Tänze zeigen, unsere Lieder singen und in unseren fantastischen | |
| traditionellen Kleidern den Karneval der Kulturen noch bunter und | |
| eindrucksvoller machen können. Wir sind mit viel Vorfreude und Motivation | |
| an die Arbeit gegangen. Wir haben uns auf Theater- und Tanzübungen | |
| fokussiert und zwei Wochen lang mit der Unterstützung eines amerikanischen | |
| Dramaturgen intensiv gearbeitet. Unsere Motivation wuchs von Tag zur Tag. | |
| Wir haben viel erreicht. | |
| Dann hat ein Virus unsere Pläne und unsere Vorfreude zerstört. Das war für | |
| alle eine Enttäuschung. Aber als entschieden wurde, dass der Karneval der | |
| Kulturen dieses Jahr nicht stattfindet, haben wir beschlossen, dass unsere | |
| Arbeit nicht umsonst gewesen sein soll. | |
| Wir wollen im nächsten Jahr erneut versuchen, dabei zu sein. Wir werden die | |
| Erfahrungen, die wir als Gruppe in diesem Jahr gemacht haben, dabei | |
| anwenden können. | |
| Wir halten uns an die Coronaregeln und die Hygienestandards, sind geduldig | |
| und hoffen auf ein gutes Ende der Krise. Und wir wissen: Unsere Angehörigen | |
| in Afghanistan haben es deutlich schwerer, mit der Pandemie umzugehen. | |
| 30 May 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Ahmad Temori | |
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