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# taz.de -- Sportlerproteste in der Bundesliga: Zum Niederknien
> Borussia Mönchengladbach schlägt Union 4:1 und Marcus Thuram setzt ein
> Zeichen gegen Rassismus. Die Berliner hingegen nähern sich der
> Abstiegszone.
Bild: Große Geste in großer Tradition: Marcus Thuram
Mönchengladbach taz | In den zehn Monaten seit seiner Ankunft am
Niederrhein hat sich Marcus Thuram schon viele Freunde gemacht. Mit seiner
leichten, offenen Art. Mit seinen zahlreichen Toren. Und mit seiner
charmanten Art, die eigenen Treffer mit Hilfe einer Eckfahne zu feiern – an
deren Ende er das Trikot irgendeines Teamkollegen hängt. Auch der
Weihnachtspullover des Stadionsprechers baumelte schon mal an der Spitze
der Plastikstange. Am Sonntag, bei inzwischen frühsommerlichen
Temperaturen, war Thuram zunächst nicht nach Schabernack zumute. Trotz des
4:1-Siegs seiner Borussia über Union Berlin.
Wie Schalkes Weston McKennie am Tag zuvor und wie die Dortmunder Jadon
Sancho und Achraf Hakimi drei Stunden nach ihm in Paderborn protestierte er
gegen Rassismus: Nach dem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis (USA), bei
dem der Afroamerikaner George Floyd am 25. Mai getötet worden war,
protestierten die drei Profis. McKennie mit dem Schriftzug „Justice for
George“ auf einer Armbinde. Sancho und Hakimi mit der Mahnung „Justice für
George Floyd“ auf gelben Shirts. Und der 22-jährige Thuram mit einem
eindrucksvollen Kniefall.
Nach seinem Treffer zum 2:0 kurz vor der Pause kniete er an der
Strafraumgrenze nieder und senkte dabei den Kopf. Die Geste erinnerte an
die US-Sprinter [1][Tommie Smith und John Carlos], die bei den Olympischen
Spielen 1968 bei der Siegerehrung zum 200-Meter-Lauf mit auf den Boden
gerichteten Blicken protestierten. Und an die Symbolik des Niederknieens,
die Football-Profi Colin Kaepernick aus Protest gegen Rassismus einführte.
Marcus Thuram, der Sohn von [2][Lilian Thuram], dem französischen
Weltmeister von 1998, kommentierte seine Aktion nach Spielschluss via
Instagram: „Gemeinsam kommen wir voran. Gemeinsam ändern wir etwas.“ Und
Borussen-Coach Marco Rose erklärte nach Spielschluss: „Er hat es auf den
Punkt gebracht, er hat ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt. Ich glaube,
dass alle das komplett mittragen, dass alle den gleichen Gedanken tragen
wie er. Wenn man sich öffentlich gegen Rassismus stellt, ist das schwer in
Ordnung.“
## Die Talfahrt von Union Berlin
Zumal sportlich alles gut lief für die Borussia. „Schwer in Ordnung“ etwa
fand parallel dazu Thurams Mannschaftskollege Mamadou Doucouré sein
Bundesligadebüt im Gladbacher Trikot – vier Jahre nach seiner Ankunft beim
Traditionsklub und nach zahlreichen Verletzungen. „Das war ein
hochemotionales Erlebnis für uns alle – und vor allem für Mamadou, der ganz
lange dafür kämpfen musste“, betonte Sportdirektor Max Eberl.
Noch etwas länger als zwischenzeitlich erhofft müssen Borussias Gegner vom
Sonntag kämpfen – um den Klassenerhalt. Anfang März, nach 24 Spieltagen,
hatte Union noch ein recht geruhsames Polster von neun Punkten auf
Düsseldorf auf Platz 16. Nun ist dieser Vorsprung Unions schon auf vier
Zähler zusammengeschrumpft.
Kommt das Team von Urs Fischer, das seit dem 24. Februar nicht mehr
gewonnen hat, auch weiterhin nicht auf Touren, droht am letzten Spieltag
sogar ein direktes Geisterduell mit Düsseldorf um den Klassenerhalt. „Mit
nur 25 guten Minuten nach der Pause kannst du kein Spiel gewinnen“, grollte
Fischer nach der deutlichen Niederlage im Borussia-Park. „Das ist nicht
gerade der spaßigste Teil der Saison“, räumte Unions Torschütze Sebastian
Andersson ein.
Freuen durfte sich am Montag immerhin Marius Bülter. Zurück in Köpenick,
verpflichteten die Aufsteiger aus Berlin den in Magdeburg entliehenen
Außenstürmer nun fest. Sieben Tore hat Bülter in dieser Saison für Union
erzielt, am nächsten Sonntag könnte Nummer acht folgen. Beim Heimspiel
gegen Schalke – der Partie des fünftschwächsten Rückrundenteams gegen das
schlechteste.
1 Jun 2020
## LINKS
[1] /Politischer-Protest-bei-den-Spielen/!5178001
[2] /Lilian-Thuram-ueber-die-Euro16/!5311664
## AUTOREN
Andreas Morbach
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