| # taz.de -- Ende von Sondervollmacht in Ungarn: Scheinbar großzügig | |
| > Erst ließ sich Ungarns Premier Viktor Orbán unbegrenzte Vollmacht geben, | |
| > jetzt gibt er sie zurück. Gebraucht hat er sie nie. | |
| Bild: Plenarsitzung mit Viktor Orban am 23. März | |
| Ungarns Premier Viktor Orbán verzichtet auf [1][seine diktatorischen | |
| Vollmachten] und wünscht sich dafür eine Entschuldigung seiner Kritiker, | |
| die ihm diktatorische Gelüste unterstellt hätten. In keinem anderen | |
| europäischen Land hatte sich ein Regierungschef wegen Corona mit | |
| Sondervollmachten ausstatten lassen, die praktisch unbegrenzt gelten | |
| sollten. „Bis zum Ende der Krise“, heißt es im Gesetz. Die Krise ist zu | |
| Ende, wenn Orbán es sagt. Jetzt ist die Krise noch nicht zu Ende, und doch | |
| lässt der autokratische Herrscher der Magyaren das Parlament wieder | |
| mitreden. | |
| Wozu dann der Aufruhr? Orbáns nationalkonservative Regierungskoalition | |
| gebietet über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, die auf Zuruf die | |
| vorgelegten Gesetzesanträge durchwinkt und sich gern auch die Verfassung | |
| zurechtbiegt, wenn sie in der geltenden Fassung einem Vorhaben des Chefs im | |
| Wege stehen sollte. Er kann also auch ohne Sondervollmachten nach Belieben | |
| schalten und walten. In Ungarn wird das mit viel Getöse beschlossene | |
| „Ermächtigungsgesetz“ vom 30. März als Machtdemonstration gesehen. Orbán | |
| wollte die Vollmachten nicht, weil er sie brauchte, sondern weil er sie | |
| haben konnte. | |
| Vielleicht hat er auch [2][die Reaktionen in Europa] unterschätzt, wie die | |
| Sozialdemokratin Ildikó Lendvai meint: „Die Gespräche über den nächsten | |
| EU-Haushalt rücken näher, und Frau Merkel schlägt einen schärferen Ton an.�… | |
| Ein guter Zeitpunkt also, um zu zeigen, dass man seine Macht nicht | |
| missbraucht und zum demokratischen Spiel zurückkehrt, bevor das Virus aus | |
| der Welt ist. | |
| Lendvai sieht noch einen zweiten Grund für den frühen Verzicht auf das | |
| Notverordnungsrecht: Inmitten der sich verschärfenden Wirtschaftskrise | |
| könnte es Orbán angezeigt erscheinen, die Verantwortung mit einer Vielzahl | |
| von Akteuren zu teilen. Das hat etwas für sich. Denn Erfolgsmeldungen aus | |
| der Wirtschaft wird es in nächster Zeit kaum zu verkünden geben. Das Image | |
| vom Premier, der zupackt und alles regelt, könnte darunter leiden. | |
| 26 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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