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# taz.de -- Coronakrise in Brasilien: Der nächste Minister geht
> Nach nur 27 Tagen tritt Brasiliens Gesundheitsminister schon wieder
> zurück. Derweil schnellen Infektions- und Todeszahlen in die Höhe.
Bild: Hat nach weniger als einem Monat genug: Brasiliens Gesundheitsminister Ne…
Berlin taz/afp/epd | Während die Zahl der neu gemeldeten Infektionen mit
dem Coronavirus im Land in die Höhe schnellt, ist Brasiliens
Gesundheitsminister Nelson Teich nach nur 27 Tagen im Amt schon wieder
zurückgetreten. Zwar nannte er bei einer Pressekonferenz am Freitag keinen
konkreten Grund für seinen Schritt. „Das Leben besteht aus Entscheidungen,
und ich habe heute beschlossen zu gehen“, sagte er. Allerdings waren schon
zuvor klare Differenzen Teichs mit dem rechtsextremen Präsidenten Jair
Bolsonaro zutage getreten.
[1][Bolsonaro] hatte von Beginn der Pandemie an die Covid-19-Krankheit mit
einer „leichten Grippe“ verglichen, sich gegen Einschränkungen des
öffentlichen Lebens ausgesprochen und Quarantäneregelungen immer wieder
demonstrativ verletzt. Inmitten öffentlicher Differenzen über den Umgang
mit der Pandemie hatte Bolsonaro schon seinen letzten Gesundheitsminister
[2][Luiz Henrique Mandetta entlassen].
Zuletzt hatte Bolsonaro angewiesen, landesweit das Malaria-Medikament
Chloroquin zur Behandlung der Covid-19-Erkrankung einzusetzen. Über dessen
tatsächliche Wirksamkeit gibt es jedoch [3][keine gesicherten Erkenntnisse]
– über sehr starke Nebenwirkungen jedoch schon, und das seit Jahrzehnten.
Teich, von Beruf Arzt, hatte sich gegen den Einsatz von Chloroquin
ausgesprochen. Bolsonaro war mit der Empfehlung des Medikaments seinem
Vorbild Donald Trump gefolgt. Auch der US-Präsident hatte wochenlang für
den Einsatz von Chloroquin geworben, bis die Zahl der Meldungen über
schwere Nebenwirkungen so sehr stieg, dass von einem Tag auf den anderen
kein Wort mehr dazu aus dem Weißen Haus kam.
## Auch in indigenen Gebieten steigen die Infektionszahlen
Zwischen dem Rauswurf seines Vorgängers und dem Rücktritt Teichs stieg die
Zahl der Coronatoten in Brasilien in 29 Tagen nach Angaben der Zeitung
Estado de S. Paulo um 666 Prozent. Am Samstag erreichte die Zahl der neu
als mit dem Coronavirus infiziert Gemeldeten [4][einen neuen Rekord]: Mit
rund 15.000 steht Brasilien hinter den USA an weltweit zweiter Stelle der
gemeldeten Neuinfektionen innerhalb 24 Stunden.
Dabei führt das südamerikanische Land im Vergleich zu den USA zehnmal so
wenig Tests pro eine Million Einwohner*innen durch – was darauf hinweisen
dürfte, dass die Dunkelziffer der Infizierten sehr viel höher ist. Zugleich
überschritt die Zahl der Toten ebenfalls die Marke von 15.000. Die meisten
Menschen starben in den größten Städten São Paulo und Rio de Janeiro.
Aber auch in indigenen Gebieten nimmt die Zahl der Infizierten zu. Bereits
38 indigene Völker seien betroffen, meldete die Vereinigung der Ureinwohner
Apib am Freitag. Das Virus erreiche mit „beängstigender Geschwindigkeit“
alle Gebiete der Ureinwohner, warnte Apib. Diese seien schon in der
Vergangenheit durch eingeschleppte Krankheiten schwer getroffen worden.
Laut Apib haben sich mehr als 440 Ureinwohner mit dem Virus angesteckt, 92
seien bereits an den Folgen gestorben. Betroffen sind demnach vor allem die
Völker im Bundesstaat Amazonas wie etwa die Parque das Tribos, deren Chef
Messias Kokama an Covid-19 starb.
Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Survival International
bewirkt die Epidemie zugleich, dass illegale Holzfäller und Goldschürfer
„mit Rückendeckung der Regierung“ zunehmend auf die Gebiete der
Ureinwohner vordringen.
17 May 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Bolsonaros-Brasilien/!5674157
[2] /Bolsonaro-entlaesst-Gesundheitsminister/!5679295
[3] /Bayer-stellt-Malariamittel-her/!5676443
[4] https://www.worldometers.info/coronavirus/country/brazil/
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Brasilien
Jair Bolsonaro
Indigene
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