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# taz.de -- Spitzweg-Gemälde in München versteigert: Reset mit Justitia
> 1937 musste ein jüdischer Sammler Carl Spitzwegs „Auge des Gesetzes“ im
> Zwangsverkauf abgeben. Jetzt wurde es endlich fair versteigert.
Bild: Die Rückseite des Gemäldes „Justitia“ von Spitzweg, hier noch mit B…
Carl Spitzwegs Gemälde „Das Auge des Gesetzes“ war der Höhepunkt der
Neumeister-Auktion in München. Nachdem die für den März angesetzte
Versteigerung verschoben werden musste, hatte das Haus für den 6. Mai eine
Sondergenehmigung erwirkt. Entgegen der noch bestehenden Restriktionen
setzte die Auktionatorin Katrin Stoll durch, dass sie kostbares
Kunsthandwerk und Gemälde des 15. bis 20. Jahrhunderts vor Saalpublikum und
im Rahmen der gebotenen Coronaregeln aufrufen konnte.
Ein Signal, das die derzeit [1][überbordende Flut von Onlineauftritten des
Kunstbetriebs] und die schier maßlose Begeisterung für Versteigerungen im
Netz dann doch wieder eindämmen wird. Spitzweg hätte gewiss eine
feinsinnige Sottise zum Kunstfreund als Solipsist vor seinem Laptop
gefunden. Oder vom Kunstmarkt als Geisterphänomen.
So wie er als mutiger Kritiker der rigiden und korrupten Verhältnisse nach
der Märzrevolution die Obrigkeit unter dem Deckmantel
humorvoll-biedermeierlicher Attitüde verhöhnte und in seinem Gemälde von
1857 die der Gerechtigkeit verpflichtete Justitia zwar mit ihren Attributen
Waage, Richtschwert und Augenbinde darstellt. Doch Gerechtigkeit ohne
Ansehen der Person? Zu leicht verrutscht die Augenbinde und gibt die Sicht
wenigstens ein bisschen frei.
## Endlich fair und gerecht versteigert
Blind – oder naiv, oder sträflich desinteressiert – waren auch die
[2][diversen bundesrepublikanischen Präsidenten,] deren Amtssitz „Justitia“
seit 1961 dekorierte. Der jüdische Sammler Leo Bendel hatte es 1937 vor
seiner Emigration im Zwangsverkauf abgegeben, später war es für Hitlers
„Führermuseum“ vorgesehen und ging nach dem Krieg in den Besitz des
Ministerpräsidenten von Bayern, schließlich aber an das Bundespräsidialamt.
Abgehängt wurde es erst 2010 unter Horst Köhler. Die
Restitutionsverhandlungen dauerten dann noch einmal zehn Jahre. Mit seinem
Erscheinen auf dem Markt zog es nun vielfaches und internationales
Interesse auf sich. Der Hammer fiel nach einem Aufruf von 450.000 Euro bei
stattlichen 550.000 Euro, einschließlich dem auktionsüblichen Aufgeld geht
„Justitia“ – nunmehr gerecht und fair – für knapp 700.000 Euro in eine
deutsche Privatsammlung.
8 May 2020
## LINKS
[1] /Was-der-Kultur-im-Netz-verloren-geht/!5677513
[2] /Spitzweg-Bild-wird-versteigert/!5668276
## AUTOREN
Annegret Erhard
## TAGS
NS-Raubkunst
Carl Spitzweg
Kunstauktionen
Malerei
NS-Raubkunst
Provenienzforschung
Restitution
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