# taz.de -- Coronavirus in Indien: Schwesterntracht statt Sari | |
> Mumbais Bürgermeisterin Kishori Pednekar ist wegen des neuartigen | |
> Coronavirus im Krankenhaus: nicht als Patientin, sondern als | |
> Krankenschwester. | |
Bild: Kishori Pednekar, die Bürgermeisterin von Mumbai, arbeitet nachts als Kr… | |
MUMBAI taz | Zuerst sah es nur wie ein Motivationsbesuch aus, doch seit | |
einer Woche übernimmt Mumbais Bürgermeisterin und ehemalige | |
Krankenschwester Kishori Pednekar, 57, Nachtschichten in einem der | |
Corona-Krankenhäuser der Stadt. Der indischen Westküstenmetropole fehlt es | |
derzeit an Krankenschwestern, von denen viele zu Hause blieben, nachdem | |
sich immer mehr GesundheitsmitarbeiterInnen mit Covid-19 infiziert hatten. | |
Nun tauscht also Pednekar, eine Frau, die sich in einer Männerpartei einen | |
Namen gemacht hat, nachts ihren Sari gegen die Krankenschwesternuniform | |
ein: „Alles für Mumbai! Wir können nicht von zu Hause aus arbeiten, wir | |
sind für Sie im Dienst, bleiben Sie zu Hause, kümmern Sie sich um sich“, | |
schrieb sie auf Twitter. Für ihren Einsatz, den sie zusätzlich zu ihrer | |
administrativen Arbeit leistet, bekommt sie viel Lob. | |
Nirgendwo sonst in Indien sind die Covid-19-Infektionsraten so schnell | |
gestiegen wie in der [1][20-Millionen-Stadt Mumbai], die Pednekar vertritt. | |
Auch aus dieser Notsituation heraus hatte sie dem Nair-Krankenhaus nach dem | |
Besuch einer Schwesternschaft Nachtschichten angeboten. Deren Verwaltung | |
hatte prompt zugesagt – wahrscheinlich kann es nur gut sein, die erste Frau | |
der Stadt in der Nähe zu wissen. | |
Es ist ein wichtiges Zeichen, das Kishori Pednekar jetzt für die | |
Pflegeberufe setzt. Stellte die Stadt zu Beginn der Pandemie neue | |
zusätzliche Privatärzte an, von denen aber ein Großteil nicht zum Dienst in | |
den wenig beliebten Einsatzgebieten (wie den Slums von Mumbai) erschien, | |
versucht die Stadt nun mit mehr örtlichen Arztpraxen zusammenzuarbeiten, | |
die jetzt wieder öffnen dürfen. Genau dieses Vertrauen in das | |
Gesundheitssystem braucht Mumbai im Kampf gegen das Virus. | |
Vor Pednekar liegen große Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. | |
Ende 2019 wurde sie zur 77. Bürgermeisterin in der Geschichte der Stadt | |
Mumbai gewählt, als Kandidatin der lokalen Hindupartei [2][Shiv Sena], die | |
sich in den letzten Monaten zu verändern scheint. So ist die Partei nicht | |
unbedingt dafür bekannt, sehr diplomatisch oder pakistanfreundlich | |
aufzutreten. | |
Doch seit die Partei Shiv Sena den Ministerpräsidenten des Bundesstaates | |
Maharashtra stellt, agieren ihre MitgliederInnen besonnener im Vergleich | |
zur überregionalen hinduistischen Volkspartei BJP. Kürzlich waren sie aus | |
der langjährigen Koalition mit der BJP ausgeschieden. Viele Jahre war Shiv | |
Sena dagegen stark unter den GewerkschaftlerInnen vertreten, die sich | |
besonders für die Rechte der Einheimischen (Bürger des Bundesstaats | |
Maharashtra) einsetzen. | |
Bei ihrer ersten Rede nach der Bürgermeisterwahl sprach sich Pednekar für | |
eine bessere Wasser- und Gesundheitsversorgung aus. Als sie in den 90ern | |
politisch aktiv wurde, arbeitete die Tochter eines Mühlenarbeiters zunächst | |
in ihrem Beruf als Krankenschwester, um die Familie finanziell zu | |
unterstützen. Ihre zweite Karriere in der Politik begann die Mutter von | |
zwei Kindern ohne große familiäre Unterstützung. | |
7 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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