| # taz.de -- Todestag von William Tonou-Mbobda: Lange Stille nach dem Tod | |
| > Vor einem Jahr starb William Tonou-Mbobda nach Fixierung im UKE. Die | |
| > Ermittlungen sind weitgehend abgeschlossen, aber noch viele Fragen offen. | |
| Bild: Nach dem Tod Tonou-Mbobdas erinnern Blumen und Kerzen vor dem UKE an ihn | |
| Hamburg taz | Allein oder zu zweit haben in den vergangenen Tagen Menschen | |
| vor dem Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) Menschen des [1][Todes von | |
| William Tonou-Mbobda] gedacht. Am Sonntag vor einem Jahr war der 34-jährige | |
| Kameruner dort gestorben, nachdem ihn der Sicherheitsdienst des Klinikums | |
| gewaltsam fixiert hatte. | |
| Sein Tod hatte vielerorts Entsetzen ausgelöst, denn es stehen seitdem | |
| Rassismus-Vorwürfe gegen UKE-Mitarbeiter*innen im Raum. Ebenso wird dem UKE | |
| ein fragwürdiger Umgang mit Patient*innen in der psychiatrischen Abteilung | |
| vorgeworfen. | |
| Die [2][Bürgerrechtsgruppe „Black Community Coalition“] hat für Sonntag | |
| eine Protestaktion vor dem UKE angemeldet. Bislang ist wegen des in Hamburg | |
| rigiden Umgangs der Behörden mit der Versammlungsfreiheit in der Coronazeit | |
| noch offen, ob sie stattfinden kann. Offen sind ebenso noch viele Fragen, | |
| die den Tod von William Tonou-Mbobda betreffen, der in der | |
| psychiatrischen Abteilung des UKE Hilfe suchte, aber den Tod fand. | |
| Am Morgen des 21. April letzten Jahres hatte Tonou-Mbobda auf einer Bank | |
| vor dem UKE gesessen. Drei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes suchten ihn | |
| auf, brachten ihn zu Boden und fixierten ihn, um ihn zurück auf die Station | |
| zu bringen. Er hatte sich zuvor freiwillig in psychiatrische Behandlung | |
| begeben und überlegte, ob er die Klinik verlassen solle. | |
| Bei der Zwangsmaßnahme kollabierte der 34-Jährige. Er wachte nicht mehr | |
| auf; fünf Tage später war er tot. Später wurde eine Herzvorerkrankung bei | |
| dem Mann festgestellt. Ursächlich für den Tod war aber die Zwangsmaßnahme | |
| der Security-Leute, so das Ergebnis der Obduktion. | |
| Gegenüber der taz [3][hatten Augenzeugen seinerzeit berichtet], dass die | |
| Security-Mitarbeiter äußerst brutal vorgingen und ihn zusammenschlugen. | |
| Tonou-Mbobda soll schlicht die Einnahme eines Medikaments verweigert haben. | |
| Aggressives Verhalten habe er nicht gezeigt, sagten die Zeug*innen. Auch | |
| meldete sich ein Mitarbeiter bei der taz, der von Rassismus unter den | |
| Sicherheitsleuten berichtete. Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es aber | |
| im Rahmen des Vorfalls keine Hinweise darauf. | |
| „Aufgrund mehrerer Zeugenaussagen halte ich die Geschehnisse vor dem | |
| Gebäude für klar“, sagt Gabriele Heinecke, Anwältin der Hinterbliebenen. | |
| Fraglich ist allerdings, ob die behandelnde Ärztin in diesem Moment | |
| Zwangsmaßnahmen anordnen durfte. Denn über die Maßnahme muss ein Gericht | |
| entscheiden. In dringenden Fällen reicht auch ein Beschluss des zuständigen | |
| Bezirksamts. Doch solch ein Beschluss lag nach Angaben der Polizei noch | |
| nicht vor. | |
| ## Es ist fraglich, ob Zwangsmaßnahmen zulässig waren | |
| Das wirft vor allem Fragen hinsichtlich der behandelnden Ärztin auf. „In | |
| Bezug auf die Ärztin wird zu klären sein, ob Zwangsmaßnahmen in dieser | |
| Situation rechtlich zulässig waren“, sagt Heinecke. „Es gab keine | |
| Unterbringungsanordnung. William Mbobda war freiwillig im Krankenhaus.“ | |
| Einzig bei Gefahr in Verzug kann ein Gerichtsbeschluss entbehrlich sein. | |
| Doch für Anwältin Heinecke steht fest: „Eine durch William Mbobda | |
| verursachte Notwehr- oder Notstandslage halte ich für sehr | |
| unwahrscheinlich.“ Warum aber ordnete die behandelnde Ärztin dennoch | |
| Zwangsmaßnahmen an? | |
| Diese Entscheidung sowie das offenbar brutale Vorgehen des | |
| Sicherheitsdienstes rückt den Umgang des UKE mit Patientenrechten ins | |
| Blickfeld. Eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion ergab, dass es | |
| auf der Station einen massiven Personalmangel gibt. [4][Die Angestellten | |
| seien dadurch massiv überlastet] und eine Gefahr für die Gesundheit der | |
| Patient*innen. Auch ein inzwischen ehemaliger Angestellter am UKE, der | |
| Psychologe [5][Thomas Bock, attestierte dem UKE ein strukturelles Problem]. | |
| ## Die Ermittlungen sind „weitgehend abgeschlossen“ | |
| Auf Anfrage der taz, ob das UKE auf den Tod von Tonou-Mbobda in der | |
| psychiatrischen Abteilung mit strukturellen Veränderungen reagiert habe, | |
| reagiert das Klinikum ausweichend: Strukturen würden kontinuierlich | |
| weiterentwickelt, im Fokus stünden insbesondere Präventionsmaßnahmen, die | |
| die Zahl von Zwangsmaßnahmen verringern helfen sollen. Dazu gebe es | |
| Schulungen in deeskalierenden Maßnahmen. | |
| Dazu, ob die vier Beschuldigten weiterhin im Krankenhaus im Dienst sind, | |
| gibt das UKE keine Auskunft: „Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens | |
| sowie aus Gründen des Personaldatenschutzes können wir hierzu keine Angaben | |
| machen.“ | |
| Die Ermittlungen seien „weitgehend abgeschlossen“, sagt Nana Frombach, | |
| Sprecherin der Staatsanwaltschaft. „Alle Beschuldigten haben über ihre | |
| Verteidiger Angaben zu den Tatvorwürfen gemacht.“ Inhaltlich könne sie sich | |
| vor dem Hintergrund der noch laufenden Ermittlungen dazu aber nicht äußern. | |
| Die Anwälte der Beschuldigten hätten Akteneinsicht erhalten, um noch | |
| ergänzende Stellungnahmen abzugeben. | |
| Wann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen endgültig abschließt und wann | |
| sich die vier Beschuldigten dann gegebenenfalls wegen Körperverletzung mit | |
| Todesfolge vor Gericht verantworten müssen, ist weiter unklar. | |
| 25 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Psychiatriepatient-William-Tonou-Mbobda/!5607926 | |
| [2] https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/category/black-coalition/ | |
| [3] /Krankenhaus-Security-unter-Verdacht/!5587866 | |
| [4] /Gewalttaetiger-Wachschutz/!5592952 | |
| [5] https://www.zeit.de/hamburg/2019-10/universitaetsklinikum-eppendorf-thomas-… | |
| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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