# taz.de -- Urteil im NSU-Prozess: Nicht allen zugänglich | |
> Das schriftliche NSU-Urteil wird nicht offiziell veröffentlicht. Zu sehen | |
> bekommen es zunächst nur die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft. | |
Bild: Die Witwe Adile Şimşek und ihre Anwältin im NSU-Prozess | |
Das NSU-Urteil ist [1][seit Dienstag da]. Aber noch kann es niemand lesen. | |
Das Oberlandesgericht (OLG) München will das Urteil nicht veröffentlichen. | |
Auch Journalisten müssen erst einmal warten. Es wird wohl einige Tage oder | |
Wochen dauern, bis das Urteil auf inoffiziellen Kanälen bekannt wird. | |
Die mündliche Verkündung des Urteils gegen Beate Zschäpe und vier | |
Mitangeklagte erfolgte bereits im Juli 2018. Jetzt hat das OLG die 3.025 | |
Seiten dicke Begründung vorgelegt. Doch das OLG will das lang erwartete | |
Urteil nicht publizieren. Auch keine der juristischen Datenbanken wie Juris | |
oder Openjur soll es erhalten. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat zwar 2015 eine Pflicht der Gerichte zur | |
„Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen“ | |
festgestellt. Für Strafurteile gelte dies wegen der Persönlichkeitsrechte | |
von Tätern und Opfern aber nur eingeschränkt, so das OLG. Hier müsse ein | |
individuelles „berechtigtes Interesse“ nachgewiesen werden. Das OLG beruft | |
sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 2018. | |
## Opfer-Angehörige bekommen zunächst keinen Einblick | |
Journalisten sollen das Urteil jedoch ohne nähere Begründung anfordern | |
können, so das OLG. Sie müssen vorher allerdings eine Belehrung | |
unterschreiben, dass sie bei der Arbeit mit dem Urteil, etwa bei Zitaten, | |
Persönlichkeitsrechte beachten. Außerdem müssen sie noch einige Zeit | |
warten, bis sie das Urteil erhalten. Vor einem Versand will das Gericht den | |
Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme geben, ob zum Beispiel | |
die Schwärzung bestimmter Passagen angeregt wird. | |
Vorher wird das Urteil wohl inoffiziell an Journalisten und die | |
Öffentlichkeit gelangen. Allerdings sind die Wege begrenzt. Zunächst stellt | |
das OLG das Urteil nur den Beteiligten zu, die 2018 Revision eingelegt | |
haben. Es geht also an die Staatsanwaltschaft und an die Verteidiger der | |
Angeklagten, deren Revision noch läuft. | |
Die meisten Journalisten hatten zwar bessere Verbindungen zu den Anwälten | |
der Nebenkläger, also [2][der Opfer und ihrer Angehörigen]. Die Nebenkläger | |
bekommen das Urteil aber zunächst nicht zugestellt, denn für sie war keine | |
Revision möglich. Sie können das Urteil aber anfordern, um zu den Anträgen | |
anderer Beteiligter Stellung zu nehmen. | |
22 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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