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# taz.de -- Jura-Professor über Demo-Verbote: „Fünf Meter Abstand“
> Kay Waechter findet, Kundgebungen müssten auch während einer Seuche
> erlaubt sein, wenn sie Hygiene-Auflagen erfüllen.
Bild: Demo auf Abstand am Hamburger Hauptbahnhof: Die Polizei löste sie trotzd…
Herr Waechter, auf welcher Grundlage kann der Hamburger Senat das
[1][Demonstrationsrecht] einschränken?
[2][Kay Waechter]: An sich unterliegen Versammlungen nur dem
Versammlungsgesetz. Das gilt aber nur für versammlungsbezogene Eingriffe.
Eingriffe, die andere Ziele verfolgen – wie Infektionsschutz – sind nach
den einschlägigen Gesetzen zu beurteilen. Also darf das
Infektionsschutzgesetz angewandt werden. Grundsätzlich sind daher auch
Demonstrationen nach dem Infektionsschutzrecht beschränkbar. Das wird
indirekt bestätigt durch Artikel 11 des Grundgesetzes, nach dem die
Freizügigkeit bei Seuchengefahr aufgehoben werden kann.
Reicht dafür ein Verwaltungsakt?
Da Artikel 8 des Grundgesetzes auch Eingriffe aufgrund eines Gesetzes
erlaubt, muss der Eingriff nicht direkt durch Gesetz oder Rechtsverordnung
erfolgen, auch eine Allgemeinverfügung auf gesetzlicher Grundlage des
Infektionsschutzgesetzes oder einer Verordnung dazu kommt in Betracht.
Reicht der Rechtsweg gegen Allgemeinverfügungen oder ist das politisch
naiv?
Einschränkungen sind zulässig, aber es kann nicht sein, dass etwa bei einem
Missbrauch des Infektionsschutzrechts Demonstrationen nicht mehr möglich
sind. Infolgedessen ist die Verhältnismäßigkeit entscheidend. Damit kommt
es auf den Einzelfall und seine Umstände an.
Was wäre denn verhältnismäßig?
Ich sehe nicht, warum man eine Demonstration nicht unter Auflagen
akzeptieren kann, wenn zu erwarten ist, dass diese Auflagen eingehalten
werden. Das gilt für eine Ein-Mann-Demo wie für eine stellvertretende Demo
von einem Dutzend Personen, die fünf Meter Abstand einhalten zu sich und
Anderen. Demonstrieren ist nicht unwichtiger als Einkaufen.
Gerichte haben in Eilentscheidungen das Recht auf Gesundheit und Leben
höher gewertet als das Demonstrationsrecht.
Probleme hätte ich, wenn zu erwarten wäre, dass Auflagen nicht eingehalten
werden, weil es dann zu einer Konfrontation kommen könnte, die nicht im
Sinne des Infektionsschutzes ist. Eine weitere schwierige Konstellation
wären richtig große Demos, bei denen sich eine Eigendynamik entfaltet, die
nicht mehr kontrollierbar wäre. Deswegen hätte ich unter normalen Umständen
– also wenn das Infektionsschutzrecht nicht offensichtlich missbraucht wird
– Bedenken, Großdemos zuzulassen. Aber das ist sicher schwer abgrenzbar und
hängt auch von den Kenntnissen über Anmelder und Teilnehmer ab.
8 Apr 2020
## LINKS
[1] /Demos-wegen-Corona-Pandemie-verboten/!5673402
[2] https://www.jura.uni-hannover.de/de/waechter/lehrstuhlinhaber/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Demonstration
Demonstrationsverbot
Demonstrationsrecht
Justiz
Bürgerrechte
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