| # taz.de -- Öffentliche Kontrolle von Parlamenten: Bezirke tagen geheim | |
| > Zum Schutz vor dem Coronavirus tagen die Hamburger Bezirkspolitiker*innen | |
| > in der ganzen Stadt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. | |
| Bild: Als Corona noch kein Thema war: Sitzung der Bezirksversammlung Hamburg-Mi… | |
| Hamburg taz | Das Parlament tagt, doch zum Schutz vor Infektionsübertragung | |
| sind Presse und Öffentlichkeit davon ausgeschlossen. Was auf Bundes- und | |
| Landesebene undenkbar ist, findet auf Hamburgs Bezirksebene derzeit statt. | |
| Dort haben nur Politiker*innen zu den Sitzungen Zutritt. Die Linkspartei | |
| kritisiert das scharf und spricht gar von einem „weitgehenden Zusammenbruch | |
| demokratischer Transparenz“. Helfen könnte die Einrichtung von Livestreams. | |
| „Hier geht es um die Basics von Demokratie“, sagt Stephan Jersch, | |
| bezirkspolitischer Sprecher der Linken in der Bürgerschaft. Denn ohne | |
| Öffentlichkeit sei demokratisches Gemeinwesen nicht in Einklang zu bringen. | |
| Schließlich werden politische Projekte derzeit weitergeführt, die | |
| öffentlicher Kontrolle bedürften. | |
| Die Versammlungen der sieben Hamburger Bezirke tagen zwar nicht mehr, sie | |
| werden aber vorerst durch Sitzungen des Hauptausschusses ersetzt. Als eine | |
| Art Notparlament könnte man den Ausschuss derzeit bezeichnen, der die | |
| Erledigung von nicht aufschiebbaren Angelegenheiten übernimmt. Mit Ausnahme | |
| des Bauausschusses sind zudem alle weiteren Ausschüsse vorerst ausgesetzt. | |
| Doch bei den verbliebenen Ausschusssitzungen ist die Öffentlichkeit | |
| ausgeschlossen. | |
| Einzig im Bezirk Wandsbek sollten die Sitzungen noch öffentlich | |
| stattfinden, so hatten es die Fraktionen gemeinsam vor knapp zwei Wochen | |
| zumindest noch beschlossen. Vorsichtsmaßnahmen, wie eine Bestuhlung mit | |
| größerem Abstand, sollten dafür geschaffen werden. Das ist nun in ganz | |
| Hamburg vom Tisch. | |
| „Wir sind momentan froh, dass Sitzungen überhaupt noch stattfinden können�… | |
| sagt etwa Thomas Falke-Funk, Geschäftsstellenleiter der Altonaer | |
| Bezirksversammlung. Über einen Livestream wurde bislang in Altona noch | |
| nicht diskutiert. „Wir werden aber diese Idee nun mit den Fraktionen | |
| besprechen“, sagt Falke-Funk. | |
| Überhaupt wirft diese Ausnahmesituation die Frage auf, ob im Sinne der | |
| Transparenz die Sitzungen nicht grundsätzlich gestreamt werden sollten. In | |
| Berlin gibt es bereits seit längerem Livestreams zu den | |
| Bezirksverordnetenversammlungen. Und auch in Hamburg wäre die Einrichtung | |
| nicht ganz neu. Im Bezirk Altona gab es das bereits vor einigen Jahren, | |
| auch in Harburg wurde 2017 darüber diskutiert. Dass es in Altona wieder | |
| beendet und in Harburg gar nicht erst eingeführt wurde, wurde mit hohen | |
| Kosten begründet. | |
| Jersch hält das Argument nicht mehr für zeitgemäß. „Mittlerweile ist so | |
| etwas Dank der technischen Entwicklung auch mit geringen Kosten | |
| einzurichten“, sagt der Linke. | |
| Doch bevor es soweit ist, solle nach Jerschs Wunsch die Stadt kurzfristig | |
| den Bezirken unter die Arme greifen und „ihr Know-how für die schnelle | |
| Schaffung von Livestreams zur Verfügung stellen, um die völlige | |
| Nicht-Öffentlichkeit zu beenden“. Erfahrungen damit gibt es: Auch bei den | |
| Bürgerschaftssitzungen ist der Zugang für die Öffentlichkeit und Presse | |
| untersagt. Allerdings werden die Sitzungen [1][per Livestream auf der | |
| Homepage der Bürgerschaft] übertragen und sind auch anschließend weiterhin | |
| zugänglich. | |
| So viel Aufwand wäre für Jersch derzeit nicht nötig. „In einer derartigen | |
| Situation würde es schon reichen, wenn jemand aus der Versammlung mit | |
| seinem Handy über Facebook einen Livestream einrichtet“, sagt Jersch. Wie | |
| die für Bezirksangelegenheiten zuständige Finanzbehörde knapp mitteilt, | |
| werde „die Möglichkeit von Livestreams aktuell noch geprüft, ebenso auch | |
| datenschutzrechtliche Fragen“. | |
| 14 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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