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# taz.de -- Pflegehelfer droht Abschiebung: Irrsinn verdeckt wahren Skandal
> Abschiebungen nach Ägypten sind grundsätzlich skandalös. Selbst das
> Auswärtige Amt nennt die Menschenrechtslage in der Diktatur
> besorgniserregend.
Bild: Flugzeuge fliegen pandemiebedingt zum Glück gerade nicht Richtung Ägypt…
Gäbe es ein Ranking von Fallbeispielen, die den Irrsinn von Abschiebungen
illustrieren – [1][der Fall von Jamar A. aus Bad Segeberg] läge weit vorn.
Was schwer ist. Denn Sinn hat diese Übung ja ohnehin nur auf einem sehr
theoretischen, staatsrechtlichen Level: Die Kosten sind hoch, praktischen
Nutzen hat Abschiebungen noch keiner je nachweisen können.
Sie dienen nur dazu, dass die Verwaltung demonstriert, dass sie Herrin der
Lage ist: Den Anspruch zu bestimmen, wer im Land leben darf, bestätigen
sie, indem sie ihn durchsetzen, ganz unter Absehung vom Menschen: In ihr
feiert sich das Gewaltmonopol als Prinzip. Hätte das ein so solide
fundierter Staat wie die Bundesrepublik Deutschland wirklich nötig?
Wer nicht grundsätzlich von Ausländerhass getrieben ist, muss zweifeln,
dass es klug ist, einen jungen Mann zu verjagen, der seit sieben Jahren
hier lebt und in einem Job arbeitet, dessen Systemrelevanz die Coronakrise
grell beleuchtet – wegen? Na, wegen Formalia, weil man es kann und weil der
Sachbearbeiter es will: Es ist wirklich so bescheuert. Zum Glück sind in
Ägypten die Flughäfen derzeit pandemiebedingt gesperrt.
Die Perspektive des Eigennutzes überdeckt indes das größere Problem: die
Frage nach dem Zielland. Ägypten ist ein Land, wo man bis zur Pandemie zwar
prima Urlaub machen konnte, [2][wo aber ein Diktator herrscht], der seinen
Putsch von 2013 zynisch als zweite demokratische Revolution feiern lässt
und dessen Sprachrohre verkünden, Menschenrechte würden nun mal „nicht
universell“ gelten – so ein pseudo-postkolonialer Move, der sich am
rechtsextrem-identitärem Denken orientiert.
## Menschenrechtslage in Ägypten „besorgniserregend“
Dabei war Ägypten doch seinerzeit schon bei der Verabschiedung der
UN-Menschenrechtserklärung dabei, und hat die Arabische und die
Afrikanische Menschenrechts-Charta unterzeichnet: Folter,
Verschwindenlassen und willkürliche Verhaftungen verbieten diese auch ganz
regional und kultursensibel.
Laut Auswärtigem Amt ist die [3][Menschenrechtslage in Ägypten dennoch
„besorgniserregend“]. Seit 2017 befinde sich das Land „im Ausnahmezustand…
Dass wir uns das Recht herausnehmen, [4][in diesen] abzuschieben, ist der
eigentliche Skandal.
21 Apr 2020
## LINKS
[1] /Pflegehelfer-in-Schleswig-Holstein/!5677097
[2] /Anti-Sisi-Proteste-in-Aegypten/!5630187
[3] https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/poli…
[4] /Anti-Sisi-Proteste-in-Aegypten/!5630187
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Ägypten
Abschiebung
Bürokratie
Menschenrechte
Auswärtiges Amt
Schleswig-Holstein
Zehn Jahre Arabischer Frühling
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