| # taz.de -- Aufweichungen der Corona-Regeln: Locker ins Desaster | |
| > Die Verbreitung von Lobbyinteressen ist verständlich. Aber auch ein | |
| > fatales Signal – denn es geht um Leben und Tod. | |
| Bild: Möbelhäuser wie hier in Bochum sind in NRW systemrelevant | |
| Gut zwei Wochen: So lange hielt in Deutschland die informelle Übereinkunft, | |
| dass zur Bekämpfung einer gefährlichen Pandemie außergewöhnliche Maßnahmen | |
| notwendig seien, ja, dass es zwingend ist, das öffentliche Leben weitgehend | |
| stillzulegen. Das ist kein sehr langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass es | |
| bei diesem Kampf buchstäblich um Leben und Tod geht. | |
| Doch kaum kündigen die Regierenden erste, noch sehr vorsichtige | |
| Lockerungsübungen an, tritt der Respekt vor dem Virus in den Hintergrund | |
| und macht Partikularinteressen Platz: Wenn schon Autohäuser wieder öffnen | |
| dürfen, warum müssen dann die angeblich [1][systemrelevanten Möbelhäuser] | |
| zurückstehen? | |
| Wenn Geschäfte für Polstergarnituren in Nordrhein-Westfalen wieder öffnen | |
| dürfen, warum nicht auch systemrelevante Kirchen? Wenn 800 Quadratmeter | |
| Ladenfläche erlaubt sind, warum nicht 801 oder auch 8.000? Wenn die Sonne | |
| scheint und es wärmer wird, warum nicht endlich Biergärten und | |
| Wellnesshotels wieder aufsperren? | |
| Diese ungebremste Verbreitung von Lobby-Interessen ist einerseits | |
| verständlich, weil derzeit viel Geld und Seelenheil den Bach | |
| herunterzugehen drohen und Lobby-Verbände nun einmal dazu da sind, um ihre | |
| Interessen zu artikulieren. Sie ist andererseits dumm, weil hier Äpfel mit | |
| Birnen verglichen werden. Nur ein Beispiel: Im Einzelhandel wird | |
| üblicherweise eher selten gesungen und gepredigt, in Kirchen dagegen gehört | |
| das zum Programm. Schon mal von Tröpfcheninfektion gehört, liebe | |
| Landesbischöfe? | |
| ## Populistische Öffnungen | |
| Die Lobby-Kampftage sind drittens fatal, denn mit all den gar nicht so | |
| unverständlichen Forderungen geht ein Signal an die Gesellschaft, es doch | |
| bitte mit den Corona-Maßnahmen nicht zu übertreiben. Dieses schon | |
| trompetenlaute Signal lautet, dass nun aber genug gelitten worden ist und | |
| endlich wieder das pralle Leben beginnen darf, und zwar subito. So mancher | |
| Zeitgenosse wird da zu dem Schluss kommen, dass man es auch mit dem | |
| Abstandhalten nicht mehr so ernst nehmen muss. | |
| Die bisherigen Schritte zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind in der | |
| Bevölkerung auf breite Zustimmung gestoßen. Sie zeigen Wirkung; die Zahl | |
| der Neuinfektionen ist deutlich gesunken. Dieser Erfolg ist durch | |
| populistische Öffnungen des Geschäfts- und Glaubenslebens gefährdet. | |
| Diesem Ansinnen sollte sich die verantwortlichen Politiker entgegenstellen | |
| und ihn nicht etwa noch befördern. Das gilt ganz besonders für den | |
| nordrhein-westfälischen [2][Ministerpräsidenten Armin Laschet] (CDU), der | |
| diesen Überbietungswettbewerb an gefährlichen Freundlichkeiten auch noch | |
| anheizt. | |
| 19 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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