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# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Was hast du getan, Benny Gantz?
> In Israel kommt es zu einer großen Koalition. Netanjahus Herausforderer
> Gantz gibt den Staatsmann, den Willen seiner WählerInnen hat er aber
> verraten.
Bild: Gantz Partei tritt mit 15 Abgeordneten Netanjahus Regierung bei
Benny Gantz' Blau-Weißes Bündnis hat sich aus einem einzigen Grund
gegründet: den amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der
wegen Korruption in drei Fällen angeklagt ist, abzulösen. Jetzt ist
Blau-Weiß zerbrochen und [1][Gantz Partei tritt mit 15 Abgeordneten
Netanjahus Regierung bei]. Man möchte das Land verlassen.
Zugegeben, es sah schlecht aus für Gantz und dessen Regierungsbildung. Er
hatte nicht recht die Wahl. Aus den eigenen Reihen gab es zu viel
Gegenwehr, um eine Minderheitsregierung aufzubauen, die von Außen von der
arabischen Vereinten Liste unterstützt worden wäre.
Sein Versuch, Abgeordnete aus Netanjahus Lager zu gewinnen, scheiterte. Der
rechte Block hält zusammen wie Sekundenkleber. Netanjahu weiß, Menschen an
sich zu binden, mit Loyalitätserklärungen und taktischen Manövern.
Gantz wollte außerdem nicht als derjenige gelten, der eine vierte Wahl
erzwingt und noch weniger als derjenige, der eine Regierung während der
Coronakrise verunmöglicht.
## Ironie der Geschichte
Vielleicht kann man Gantz unter diesen Umständen sogar verzeihen, eine
Notfall-Einheitsregierung mit dem Likud anzustreben. Doch was man ihm nicht
verzeihen kann, ist seine kampflose Kapitulation vor Benjamin Netanjahu.
Denn noch war es möglich für Blau-Weiß, ein Gesetz zu erlassen, dass
Angeklagte nicht Ministerpräsident werden können. Das hätte Netanjahus Aus
bedeutet und die Karten völlig neu gemischt. Doch dann hat Gantz am
Donnerstag kalte Füße gekriegt, nur weil Netanjahu drohte, dass eine Große
Koalition ausgeschlossen wäre, sollte der Blau-Weiß-Abgeordnete Meir Cohen
Parlamentspräsident werden.
[2][Gantz hat Blau-Weiß geopfert], um Netanjahu nicht zu erzürnen. Welch
Ironie.
In seiner Antrittsrede zum Präsidenten der Knesset hat Gantz gesagt, dass
„wir die Demokratie stärken“ werden. Vielleicht hatte Gantz da noch nicht
verstanden, wer das „wir“ ist, von dem er von nun an sprechen muss: Seine
15 Abwanderer von Blau-Weiß, die Israel Resilience Party, und die 58
Abgeordneten des rechtsreligiösen Blocks.
Dabei hat dieser Block erst in den letzten Wochen erneut gezeigt, wozu er
fähig sind. Dessen Vertreter*innen haben Anordnungen des Obersten Gerichts
offen missachtet. Sie werden nun versuchen, dieMacht des Obersten Gerichts
einzuschränken, sich damit mehr Macht zuzuschaufeln und die Demokratie und
Gewaltenteilung in diesem Land ernsthaft beschädigen. Sie haben die
Corona-Krise genutzt, um Teile des Gerichtssystems auszusetzen –
interessanterweise jedoch nur das Gericht, in dem Netanjahus Prozess wegen
Korruption in drei Fällen verhandelt werden sollte.
## Verrat an den Wähler*innen
Wenn der Zeitpunkt reif ist, wird Netanjahu versuchen, sein lang geplantes
Immunitätsgesetz durchzubringen, und schließlich, so sein Plan,
Staatspräsident zu werden. Damit hätte er Immunität bis an sein Lebensende.
Möglicherweise glaubt Gantz tatsächlich, dass er seinem Land mit seinem
gestrigen Schritt – angesichts von Corona und einer erneuten politischen
Sackgasse nach bereits drei Wahlen – einen Dienst erweist. Doch damit irrt
er. Seine Entscheidung vom Donnerstag war [3][Verrat an allen seinen
Wähler*innen], und an all denen, die noch Hoffnung auf Demokratie in Israel
hatten. Seine Entscheidung bringt Israel in Gefahr. Gantz' großes Projekt
Blau-Weiß liegt in Scherben am Boden. „Wir werden die Demokratie stärken“,
sagt Gantz, wohl auch um sich selber zu beruhigen. Doch dabei sitzt er zu
Füßen von König Bibi und hält das Kissen, auf dem des Königs Zepter ruht.
27 Mar 2020
## LINKS
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[3] /Nachwahlwehen-in-Israel/!5674209
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Benjamin Netanjahu
Israel
Benny Gantz
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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