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# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Gantz' Israel würde protestieren
> Abruptes Manöver: Oppositionskandidat Benny Gantz macht den Weg frei für
> eine Corona-„Notfall-Regierung“ unter Ministerpräsident Netanjahu.
Bild: Hat seine Partei Blau-Weiß gespalten: Israels neuer Parlamentspräsident…
Jerusalem taz | Würde nicht gerade wegen der Corona-Krise eine
Ausgangssperre in Israel herrschen, wäre wohl die Hälfte der Israelis am
Donnerstag Abend auf die Straße gestürmt, um zu protestieren: diejenigen,
die bei den [1][Wahlen vom 2. März] dem Blau-Weißen Bündnis ihre Stimme
gegeben haben, um Benjamin Netanjahu als Ministerpräsident abzuwählen.
[2][Benny Gantz] vom Blau-Weißen-Bündnis wurde am Donnerstag zum
Präsidenten des israelischen Parlaments gewählt und ebnete damit den Weg
für eine „Notfall“-Einheitsregierung mit Ministerpräsident Benjamin
Netanjahu im Kampf gegen die Corona-Krise.
Das Bündnis von Gantz spaltete sich kurz vor der Abstimmung, nachdem der
Parteichef sich selbst für den Posten des Parlamentspräsidenten nominiert
hatte, um die Möglichkeit einer Einheitsregierung mit Netanjahus
Likud-Partei zu wahren.
Zwei weitere Köpfe von Blau-Weiß, Yair Lapid und Moshe Ya'alon,
kritisierten Gantz' Schritt heftig. „Die Krise“, so Lapid auf einer
Pressekonferenz am Donnerstag Abend: „gibt uns nicht das Recht oder die
Erlaubnis, unsere Werte aufzugeben. Wir haben versprochen, nicht unter
einem [3][Ministerpräsidenten mit dreifacher Anklage] zu sitzen. Wir
sagten, wir würden niemandem erlauben, Israels Demokratie zu untergraben.“
Lapid und Ya'alon reichten am Donnerstag einen Antrag ein, das Bündnis
aufzulösen. Ihre beiden Fraktionen werden weiter unter dem Namen
„Blau-Weiß“ laufen.
## Manöver im Parlament
Israel befindet sich seit April 2019 in einer politischen Sackgasse. Am 2.
März sind die Israelis zum dritten Mal innerhalb eines Jahres an die Urnen
gezogen. Das zentrale Wahlversprechen des Bündnisses Blau-Weiß war, mit
Verweis auf Netanjahus Anklage in drei Korruptionsfällen, niemals einer von
Netanjahu geführten Regierung beizutreten und Netanjahu als
Ministerpräsident abzulösen.
In seiner ersten Rede als Parlamentspräsident plädierte Gantz für eine
„Notstandsregierung der nationalen Einheit.“ „Dies sind keine normalen
Zeiten“, sagte er vor der Knesset: „und sie fordern ungewöhnliche
Entscheidungen.“ Er betonte, er würde „die Demokratie nicht gefährden“,
ging dabei aber nicht direkt auf Netanjahus bevorstehenden Prozess und
Netanjahus Versuche, diesen Prozess zu vereiteln, ein.
Blau-Weiß hatte ursprünglich geplant, Meir Cohen, ein Mitglied der
Yesh-Atid-Fraktion von Lapid, für das Amt des Parlamentspräsidenten zu
nominieren. Der Likud erklärte, dass die Wahl Cohens die Gespräche über die
Bildung einer Einheitsregierung mit Kahol Lavan sofort beenden würde.
Da Gantz eine Große Koalition mit Netanjahu anstrebt, legte er sein Veto
gegen Cohen ein, um diese Möglichkeit offen zu halten, und schlug
stattdessen sich selber für das Amt vor.
## Scharfe Kritik an Gantz aus dem Mitte-Links-Block
Der rechte Block unter Netanjahu begrüßte Gantz' Entscheidung. „Ich
gratuliere Benny Gantz zu dem mutigen Schritt, eine Einheitsregierung unter
Netanjahu zu bilden“, sagte Verteidigungsminister Naftali Bennett,
Vorsitzender der Partei Yamina.
Aus dem Mitte-Linken-Block hagelte es Kritik. Gantz sei „zu einem
Kollaborateur mit dem Angeklagten [Netanjahu] geworden“, sagte der
Vorsitzende der Partei Meretz, Nitzan Horowitz: „Gantz baute auf einem
einzigen Versprechen auf: einer alternativen Führung. In Netanjahus
Regierung einzutreten bedeutet, den Wählern von Blau und Weiß und dem
gesamten Mitte-Links-Block ins Gesicht zu spucken und sie zu verraten“.
Derweil laufen die Verhandlungen um die Große Koalition zwischen Gantz'
Fraktion von 15 Abgeordneten und Netanjahus rechtsreligiösem Block von 58
Abgeordneten. Der Posten des Ministerpräsidenten soll in einem
Rotationsverfahren zunächst für 18 Monate Netanjahu zufallen, Gantz wäre
zunächst Außenminister und würde dann im September 2021 den Posten des
Ministerpräsidenten übernehmen. Dass diese Weitergabe des Amtes tatsächlich
stattfinden wird, gilt allerdings als unwahrscheinlich.
27 Mar 2020
## LINKS
[1] /Wahl-in-Israel/!5668264/
[2] /Ex-Stabschef-tritt-gegen-Israels-Premier-an/!5562133
[3] /Korruption-in-Israels-Regierung/!5650304
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
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