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# taz.de -- Gantz und Netanjahu bilden Regierung: Bibis Manöver
> Es war höchste Zeit, dass Israel eine reguläre Regierung erhält. Doch
> Netanjahus Machtgeschacher war würdelos.
Bild: Mit Gantz' Hilfe: Bibi hat's mal wieder geschafft, hier am Wahlabend des …
Es ist eine Notregierung im doppelten Sinne: [1][Israels neue
„Einheitsregierung“], auf die sich Benjamin Netanjahu und sein einstiger
Herausforderer Benny Gantz geeinigt haben, führt das Land nach eineinhalb
Jahren endlich aus der politischen Krise. Gleichzeitig aber wollte niemand
diese Große Koalition, weder die Wählerinnen noch Netanjahu oder Gantz, der
mit dem Versprechen angetreten war, den von einem Korruptionsprozess
geplagten Langzeitpremier endlich abzulösen.
Nun also bleibt Netanjahu Premier, bevor er dann ab Oktober 2021 unter
Gantz Vize-Regierungschef werden soll. Dass Israel wieder eine Regierung
bekommt, ist dringend notwendig. Eine vierte Parlamentswahl in nur gut
einem Jahr wäre für alle Bürgerinnen und Bürger eine Zumutung gewesen. Und
in Zeiten wie der Coronakrise braucht es eine handlungsfähige Regierung und
– mindestens genauso wichtig – eine starke und geordnete Opposition, die
nicht auf eine mögliche Regierungsbeteiligung schielt.
Doch wer behauptet, es sei nichts gewesen und die zähe Regierungsbildung
nur ein Beweis für die funktionierende Demokratie, sieht nicht: Das
würdelose Machtgeschacher Netanjahus und auch die überraschende und für
viele seiner Anhänger [2][schockierende Kehrwende von Gantz] haben Schaden
angerichtet. Natürlich hat sich Israel nicht in ein autoritäres System
verwandelt, doch gelitten hat sie, die einzige Demokratie im Nahen Osten.
Netanjahu hat in den vergangenen Monaten klargemacht, dass ihm seine eigene
Karriere und seine eigene Freiheit wichtiger sind als starke, unabhängige
demokratische Institutionen und ein anständiger politischer Diskurs. Dem
obersten Gericht hat der Ministerpräsident den Kampf angesagt, seine
politischen Gegner hat er gnadenlos in den Dreck gezogen.
Zuletzt verlangte er größeren Einfluss bei der Ernennung von Richtern –
ganz unverhohlen und in dem Bewusstsein, dass der Prozess gegen ihn bald
schon vor das oberste Gericht kommen könnte. Dass der anstehende Prozess
Netanjahus Achillesferse ist, wusste auch Gantz, der deshalb gedroht hatte,
ein Gesetz voranzutreiben, das es einem Abgeordneten unter Anklage nach
einer weiteren Wahl verboten hätte, Ministerpräsident zu werden. Es wäre
Netanjahus Ende gewesen.
## Glaubt Netanjahu selbst an seine Unschuld?
Der Netanjahu-Prozess soll nun am 24. Mai beginnen. Doch Netanjahu wird
Premier bleiben, Gantz und seiner Fraktion in der Knesset sei Dank. Es ist
das erste Mal, dass ein amtierender Regierungschef auf der Anklagebank
sitzt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm Betrug, Untreue und
Bestechlichkeit vor. Es geht um Beeinflussung von Medien, krumme Geschäfte
und politische Gefälligkeiten.
Natürlich gilt auch für Netanjahu die Unschuldsvermutung, doch der
Korruptionsverdacht wiegt schwer, sonst wäre der Prozess nicht eröffnet
worden. Und ganz offensichtlich glaubt auch Netanjahu selbst nicht, dass er
am Ende von allen Vorwürfen freigesprochen wird. Das hat sein verzweifeltes
Klammern an die Macht in den vergangenen Monaten gezeigt – denn die wird
für Netanjahu weiter das beste Mittel sein, um sich vor der Justiz zu
schützen. Man darf gespannt sein, mit welchen Manövern der
Ministerpräsident oder spätere Vize-Ministerpräsident noch aufwarten wird
in den kommenden Jahren.
21 Apr 2020
## LINKS
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[2] /Regierungsbildung-in-Israel/!5674875
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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