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# taz.de -- Politische Krise in Israel: Regierungsbildung liegt auf Eis
> In Israel stocken die Koalitionsverhandlungen zwischen Likud und
> Blau-Weiß. Der Grund diesmal: ein Streit um die Ernennung von Richtern.
Bild: Benny Gantz (l.) und Benjamin Netanjahu auf einem Werbebanner
Tel Aviv taz | Benny Gantz vom Parteienbündnis Blau-Weiß hat die
Koalitionsverhandlungen mit der Likud-Partei des israelischen Premiers
Benjamin Netanjahu vorerst auf Eis gelegt. Hintergrund sind
Auseinandersetzungen um die Vorgehensweise zur Ernennung von Richtern am
Obersten Gericht.
Obwohl beide bereits eine Einigung gefunden hatten, stellte der Likud den
Kompromiss am Montag erneut in Frage und forderte, die Diskussion wieder
aufzunehmen. Daraufhin hieß es aus der Blau-Weiß-Verhandlungsdelegation:
„Wir werden weder eine Änderung der Funktionsweise der Justiz noch eine
Beschädigung der Demokratie zulassen.“
Der Likud soll zuvor ein Vetorecht im Ernennungsausschuss des Parlaments
gefordert haben, beziehungsweise dass Entscheidungen in dem Ausschuss nur
mit einer Mehrheit von acht von neun Mitgliedern getroffen werden.
Blau-Weiß lehnte dies ab.
Hinter dem Streit steht laut der Tageszeitung Ha’aretz, dass der Likud die
Ernennung des ehemaligen Staatsanwalts Shai Nitzan zum Richter verhindern
will. Nitzan hatte die Voruntersuchungen gegen Netanjahu beaufsichtigt, der
wegen [1][Korruption mittlerweile angeklagt ist].
Von den Koalitionsverhandlungen zwischen Netanjahu und Gantz drangen nur
wenige Informationen nach außen – wohl auch, weil beide in heikler Mission
unterwegs waren. Gantz war mit seinem Blau-Weiß-Bündnis bei der
[2][Israel-Wahl am 2. März] mit dem Versprechen angetreten, Netanjahu
abzulösen. Dieser führt seit knapp einem Jahr als Interimsministerpräsident
das Land.
Es kam einem politischen Erdbeben gleich, als Gantz am 26. März ankündigte,
in Verhandlungen über eine Einheitsregierung mit Netanjahu einzusteigen.
Gantz’ frühere Verbündete, Jair Lapid und Moshe Ya’alon, kündigten das
Bündnis daraufhin auf.
## Netanjahu treibt Annexion voran
Jenseits des Streits über die Ernennung von Richtern stellten sich in
erster Linie personelle Fragen bei der Besetzung der Ministerposten sowie
die Frage nach einer Annexion von Teilen des besetzten palästinensischen
Westjordanlandes. Netanjahu, dem nachgesagt wird, dass er die Annexion zu
seinem politischen Erbe machen will, wollte schnelle Sache machen und das
Jordantal sowie andere Teile des Westjordanlands annektieren.
Blau-Weiß dagegen hatte ursprünglich darauf beharrt, diesen Schritt nicht
unilateral zu gehen. Am Montag kam es zwischen den Parteien dann aber
offenbar zu einer Einigung: Netanjahu könne in diesem Sommer die Annexion
der Siedlungen im Westjordanland sowie des Jordantals zur Abstimmung
bringen – allerdings unter der Bedingung, dass die USA den Schritt
unterstützen und dass er in Abstimmung mit anderen internationalen Akteuren
erfolgt.
Am kommenden Montag läuft Gantz’ Mandat zur Regierungsbildung aus. Israels
Präsident Reuven Rivlin hat die Möglichkeit, es um zwei Wochen zu
verlängern. Er kann aber auch Netanjahu beauftragen. Gantz hätte inmitten
der Scherben seines Mitte-links-Lagers das letzte Ass im Ärmel verspielt.
7 Apr 2020
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## AUTOREN
Judith Poppe
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