# taz.de -- Vereinsbosse über Fußball nach Corona: „Wir müssen umverteilen… | |
> Die Vereinschefs von FC Bayern und Borussia Dortmund, Karl-Heinz | |
> Rummenigge und Hans-Joachim Watzke, sind voller Ideen, wie der Fußball | |
> sozial wird. | |
Bild: Mahner zur Umkehr: Karl-Heinz Rummenigge... | |
taz: Herr Rummenigge, Herr Watzke, wir sind überrascht. Fifa-Chef | |
[1][Gianni Infantino] und auch Uli Hoeneß haben schon laut über einen | |
veränderten Fußball nach der Coronakrise nachgedacht. Kann sich der | |
Profifußball denn neu erfinden? | |
Karl-Heinz Rummenigge: Seien Sie versichert, dass wir die Lage sehr ernst | |
nehmen und wirklich alles auf den Prüfstand stellen. Ein „Weiter so“ wird | |
es mit dem FC Bayern nicht geben. Der FC Bayern ist in seiner Geschichte | |
aus Krisen stets gestärkt hervorgegangen. Wir haben zwei Weltkriege | |
überstanden. | |
Hans-Joachim Watzke: Bis vor Kurzem habe ich noch gedacht: Real Madrid, | |
Barcelona und der FC Bayern können jedes Problem der Welt mit Geld lösen. | |
Aber jetzt helfen keine Kontostände. Das ist kein Wunschkonzert mehr. | |
Schauen sie sich um, wie viel Existenzen im Profifußball auf dem Spiel | |
stehen. Wir tragen eine große Verantwortung und manchmal muss man im Leben | |
Stellschrauben neu justieren. | |
Was heißt das konkret? | |
Watzke: Wir können derzeit leider kein Fußball spielen. Das nervt mich | |
gewaltig. Was aber jetzt viel wichtiger ist: Wir können Fußball gestalten. | |
Wir spüren gerade, wie wichtig eine große Gemeinschaft ist, die füreinander | |
einsteht. Unser Wunsch ist es, dass die BVB-Familie größer wird. Jetzt | |
haben wir die Zeit, uns darum zu kümmern. Wir werden eine Frauenabteilung | |
aufmachen. Das machen wir natürlich nicht aus Jux und Tollerei. Am Ende | |
zählen die Ergebnisse. | |
Rummenigge: Eine wunderbare Entscheidung. Wir müssen aufhören, immer nur | |
finanziell zu ticken. Deshalb wird der FC Bayern künftig keine | |
[2][Trainingslager mehr in Katar] beziehen. Wir stehen in guten Gesprächen | |
mit der Stadt Bergamo und wollen unseren Anteil leisten, damit die Menschen | |
dort ein Stück weit auch wieder Freude am Leben haben. Am Ende des Tages | |
zählt die Solidarität. | |
Herr Watzke, Ihre Äußerung kürzlich, dass Sie nicht Klubs aushelfen wollen, | |
die schlecht gewirtschaftet haben, kam in der Öffentlichkeit nicht gut an. | |
Watzke: In der ersten Erregung sagt man viel. Es war schon immer die | |
Haltung von Borussia Dortmund, gesellschaftlicher Verantwortung mit barer | |
Münze gerecht zu werden. Nun müssen wir einen Schritt weitergehen. Wir | |
schlagen vor, dass die Teams, die von den Einnahmen internationaler | |
Wettbewerbe profitieren, der Liga einen erheblichen Anteil davon | |
zurückzahlen. | |
Rummenigge: Das ist ja unser Brot-und-Butter-Geschäft. Wir haben nichts | |
davon, wenn die anderen nichts mehr zu essen haben. Es muss gerade jetzt | |
mehr Rationalität in die Liga hineinkommen. Deshalb unterstützt der FC | |
Bayern den Wunsch nach mehr Umverteilung. In dieser bedrohlichen Lage | |
müssen wir mit Empathie und Sensibilität gegensteuern. | |
Konkret? | |
Rummenigge: Die Verteilung der TV-Gelder ist suboptimal und passt nicht zu | |
der neuen Zeit. | |
Was heißt das? | |
Rummenigge: Mein Ratschlag wäre es, nicht die reichen Vereine mit noch mehr | |
Geld zu überschütten, während die anderen Klubs zahlreiche Mitarbeiter | |
entlassen müssen. Der Mensch ist immer der wichtigste Faktor. Wir wollen | |
ein seriöser und fairer Partner sein. | |
Das sind ja völlig neue Ideen. | |
Rummenigge: Ach was, das ist noch längst nicht alles. Wir können nicht | |
immer über Werte sprechen und dann einfach immer weiter unser Ding | |
durchziehen. | |
Watzke: Mit Ich-AGs können wir die schwerwiegenden Problem nicht lösen. Da | |
bin ich ganz Fußball-Romantiker. | |
Rummenigge: Wir haben bei der Uefa einen Antrag eingereicht, dass künftig | |
Transfers die Grenze von 80 Millionen nicht überschreiten dürfen. Aber auch | |
die Großen brauchen Hilfe, weswegen eine Aussetzung des [3][Financial | |
Fairplay] zum Solidarpakt gehören muss. | |
Watzke: Wir haben die DFL aufgefordert, einen obligatorischen Soli-Beitrag | |
aller Bundesligaspieler von fünf Prozent einzuführen und die Vereine darauf | |
zu verpflichten, auf Neueinkäufe kommende Saison zu verzichten. | |
Rummenigge: Wir haben weitere Projekte in der Pipeline. Ich bin meinem | |
Freund Uli (Hoeneß, Anm. d. Red.) zu großem Dank verpflichtet, dass er | |
wieder ins operative Geschäft einsteigt. Als Corona-Beauftragter des FC | |
Bayern hat er in den letzten Tagen bereits etliches angeschoben. Dazu zählt | |
die Initiative „Die Großen haben ein Herz für die Kleinen“. | |
Watzke: Es wäre aus jeder Perspektive dumm, wenn wir uns jetzt nicht um die | |
strukturschwachen Vereine kümmern. Wir überlegen, unsere nächsten | |
Heimspiele an Standorten wie Chemnitz oder Magdeburg auszutragen. | |
Geisterspiele in kleineren Stadien sind nicht ganz so trist. Und die Leute | |
vor Ort hätten ein wenig Arbeit. Wir wollen schließlich alle Fußball | |
spielen und keine Bank aufmachen. | |
Herr Rummenigge, die Bundesliga-Saison müsse unbedingt zu Ende gespielt | |
werden, notfalls noch im Herbst, so ihre jüngste Forderung. | |
Rummenigge: Mit dem Ball kommen auch unsere Hilfsprogramme erst richtig ins | |
Rollen. Es geht hier um [4][die Würde des Menschen.] Wie der FC Bayern ist | |
auch sie nicht umsonst die Nummer 1, und zwar im Grundgesetz. | |
Die Fanszene geht gerade mit tollen Hilfsaktionen voran. | |
Watzke: Das zeigt, dass wir trotz aller Verwerfungen an einem Strang | |
ziehen. Die Grabenkämpfe von gestern dürfen uns nicht mehr belasten. Wir | |
müssen in einen Dialog kommen und da will ich das Thema Pyrotechnik nicht | |
per se ausschließen. Am Ende des Tages eint uns die Liebe zum Fußball. | |
Rummenigge: Meine Worte. | |
Protokoll: Johannes Kopp | |
1 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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