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# taz.de -- Coronavirus-Pandemie in den USA: Die USA sind schlecht vorbereitet
> US-Präsident Trump hat sich endlich testen lassen: Er hat kein Corona.
> US-Behörden befürchten bis zu 1,7 Millionen Tote infolge der Epidemie.
Bild: Mehr geht nicht: Hamsterkauf in Los Angeles
NEW YORK taz | Donald Trump ist „negativ“. Das hat sein Coronavirustest
ergeben, erklärte das Weiße Haus. Der US-Präsident hatte den Test Ende der
Woche gemacht, nachdem er mehrfach auf Tuchfühlung mit Personen
zusammengekommen war, die das Virus haben. Unter ihnen war ein [1][Berater
des brasilianischen Präsidenten] sowie ein Teilnehmer der rechten Konferenz
CPAC, bei der Ende Februar auch Trump aufgetreten ist.
Am selben Tag, an dem Trumps negatives Testergebnis bekannt wurde,
schnellte landesweit die offizielle Zahl der Virusinfizierten in die Höhe.
Am Freitag hatte der Präsident die Pandemie zu einem [2][nationalen
Notstand] erklärt. Dadurch würden bis zu 50 Milliarden Dollar für die
Regierungen der Bundesstaaten und die Kommunalverwaltungen frei, um auf die
Krisensituation zu reagieren, sagte er am Freitag.
Nach zahlreichen Pannen und [3][Verschleppungen] und Nachschubmangel
beginnt das Land seit dem Ende der Woche damit, bei Coronaverdacht
systematischer Tests zu machen. In einer großen Geste schenkte Chinas
reichster Mann, der IT-Milliardär Jack Ma, den USA 500.000 Test-Kits.
Dass die Gesundheitseinrichtungen in den USA auf den kommenden Andrang von
CoronapatientInnen vorbereitet sind, kann bezweifelt werden. Dem Land, das
in den letzten Jahren zahlreiche Krankenhäuser und Intensivstationen
geschlossen hat, fehlen Krankenhausbetten und Beatmungsgeräte.
## Betten auch ohne Pandemie besetzt
Nach Angaben der American Hospital Association hat das
320-Millionen-EinwohnerInnen-Land nur insgesamt 924.107 Krankenhausbetten.
Davon befinden sich 97.776 auf Intensivstationen.
Doch die meisten dieser Betten sind auch ohne Pandemie bereits belegt. Und
in Jahren mit starken Grippewellen mussten die Krankenhäuser Zelte
aufbauen, um überhaupt alle PatientInnen behandeln zu können.
Jetzt befürchten die GesundheitsexpertInnen, dass die Intensivstationen auf
dem Höhepunkt der Coronakrise aus allen Nähten platzen werden. Es mangelt
zudem dramatisch an medizinischem Personal.
## Personelle Unterbesetzung
In New York beklagt Lisa Baum von der Krankenschwestergewerkschaft Nurses
Union eine „extreme Unterbesetzung“. Solche Klagen von GewerkschafterInnen
kommen auch aus anderen Teilen der USA.
Bis Samstagabend testeten die USA 2.726 Personen positiv. 55 Menschen sind
bis zum selben Zeitpunkt an dem Virus gestorben. Der Bundesstaat Washington
an der Westküste ist mit 572 Infizierten und 40 Toten der bislang am
stärksten betroffene, dicht gefolgt vom Bundesstaat New York mit 525
Infizierten und zwei Toten sowie Kalifornien mit 340 Fällen und fünf Toten.
Unter den Infizierten sind unter anderem ein Pilot von American Airlines
und zwei Abgeordnete der New Yorker State Assembly.
Doch während die Zahl der nachweislich Infizierten stieg, blieben die
Maßnahmen zum „Social Distancing“ – zum sozialen Abgrenzen mit dem Zweck,
die Geschwindigkeit neuer Infizierungen zu verlangsamen – in den USA extrem
ungleich und widersprüchlich.
Landesweit schlossen zahlreiche Universitäten, Museen, Konzertsäle,
Sportstadien und Schulen. Insgesamt 21.000 öffentliche Schulen mit mehr als
15 Millionen Kindern sind inzwischen geschlossen.
## New York City hält Schulen offen wegen Schulessen
Aber in dem größten Schulbezirk, in New York City mit 1,1 Millionen Kindern
an öffentlichen Schulen, blieben die Schulen weiterhin offen.
Bürgermeister Bill de Blasio rechtfertigt sein Festhalten an offenen
öffentlichen Schulen – in der Stadt mit am Samstag 183
Coronavirusinfizierten – unter anderem damit, dass ein großer Teil der
Schüler auf die Schulmahlzeiten angewiesen ist.
Er erklärte außerdem, dass sowohl Krankenhäuser und Labors und andere
Einrichtungen des Gesundheitswesens als auch die öffentlichen
Verkehrsmittel – insbesondere die Subway – nicht mehr genügend Personal
hätten, wenn die Eltern von Schulkindern zu Hause bleiben müssten, um sich
um ihre Kinder zu kümmern.
## Lehrergewerkschaft in New York City droht mit Streik
Doch immer mehr Eltern in New York City behalten ihre Kinder schon jetzt zu
Hause, um sie vor Ansteckungen zu schützen. Und die
LehrerInnen-Gewerkschaft New York Teachers Union droht dem Bürgermeister
mit einem Streik am Wochenanfang, falls er die Schulen nicht schließt.
„Mehr als eine Million Schüler bewegen sich täglich kreuz und quer durch
die Stadt und stellen ein Risiko für sich selbst und für andere dar“,
erklärte der Präsident der Teachers Union, Michael Mulgrew.
Ungleich ist auch der Umgang der einzelnen Bundesstaaten mit den Vorwahlen
in Zeiten der Pandemie. Sowohl [4][Louisiana] als auch Georgia kündigten
an, dass sie ihre Primaries wegen des Virus verschieben. Hingegen hielten
am Wochenende Arizona, Florida und Illinois noch an der Absicht fest, am
Dienstag die Wahlen abzuhalten.
ExpertInnen gehen davon aus, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten
zwischen einem und zwei Dritteln der Bevölkerung an dem „ausländischen
Virus“ – wie Trump Corona nennt – anstecken werden. Nach Schätzungen von
Experten der Bundesbehörde Center for Disease Control (CDC) könnten 200.000
bis 1,7 Millionen Menschen in den USA ums Leben kommen.
Doch der US-Präsident konzentriert sich weiterhin auf ausländische
Sündenböcke. Am Samstag erweiterte er [5][sein Verbot der Einreise] aus
Kontinentaleuropa hinaus auch auf Großbritannien und Irland. Es gilt ab
Montag.
15 Mar 2020
## LINKS
[1] /Praesident-unter-Corona-Verdacht/!5671681
[2] /Coronavirus-Pandemie-in-den-USA/!5671718
[3] /Trump-und-die-Coronakrise/!5671628
[4] /US-Staat-Louisiana-reagieriert-auf-Corona/!5671709
[5] /Coronavirus-breitet-sich-weiter-aus/!5671394
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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