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# taz.de -- Flüchtende an EU-Außengrenze: Erdogan sieht „Nazi-Verbrechen“
> Der türkische Präsident wirft Griechenland und dem Westen
> Menschenrechtsverstöße vor. US-Medien decken derweil ein griechisches
> Geheimgefängnis auf.
Bild: Pazarkule, Türkei, am 7. März: Migrant am Grenzzaun zu Griechenland
Istanbul/Athen/Berlin dpa/taz | Der türkische Präsident Recep Tayyip
Erdoğan hat das Vorgehen der griechischen Behörden gegen Migranten an der
Grenze mit den Verbrechen der Nazis verglichen. „Zwischen dem, was die
Nazis gemacht haben, und diesen Bildern an der griechischen Grenze besteht
gar kein Unterschied“, sagte Erdoğan am Mittwoch in Ankara. „Was sie in den
Nazi-Camps gemacht haben, machen auch die Griechen im Namen des Westens,
geradezu als bezahlte Beamte des Westens“, fügte er hinzu. „Und [1][sie
töten auch]. Das sind bezahlte Legionäre des Westens.“
Am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros hat es in der Nacht zum Mittwoch
am dritten Tag in Folge keine größeren Zwischenfälle gegeben. Wie das
griechische Staatsfernsehen ERT berichtete, hätten vereinzelt Migranten
versucht, den Zaun beim Grenzübergang von Kastanies/Pazarkule zu überwinden
oder den Evros zu durchqueren.
Nach Angaben der Regierung in Athen haben die griechischen
Sicherheitskräfte seit dem 29. Februar und bis Dienstag knapp 43.400
Menschen daran gehindert, unerlaubt aus der Türkei nach Griechenland auf
der Landesroute zu kommen. Zudem seien 346 Migranten, denen es gelungen
sei, illegal überzusetzen, festgenommen worden.
Unterdessen läuft Hilfe seitens der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex
an. Polizeibeamte aus Österreich waren bereits im Einsatz am Evros. Auch
aus Zypern kam Verstärkung an. Insgesamt wurden rund 1.000
Frontex-Sicherheitsbeamte in den kommenden Tagen erwartet, berichteten
griechische Medien unter Berufung auf das griechische Ministerium für
Bürgerschutz.
Auch auf den Inseln im Osten der Ägäis blieb die Lage ruhig. Seit sechs
Tagen kamen kaum Migranten aus der Türkei an, wie das Migrationsministerium
mitteilte. Die Lager auf diesen Inseln sind weiterhin heillos überfüllt.
## Illegales Geheimgefängnis
Unterdessen kritisierten humanitäre Organisationen wie Human Rights Watch
(HRW) Griechenlands Entschluss, ab dem 1. März einen Monat lang keine
Asylanträge anzunehmen. HRW beklagt vor allem die Situation von rund 450
Migranten, die in einem Schiff im Hafen von Mytilini vor der Insel Lesbos
festgehalten werden.
Die [2][New York Times veröffentlichte am Dienstag eine Recherche über ein
illegales Geheimgefängnis] der griechischen Regierung nahe der Grenze zur
Türkei. Darin sollen mehrere Dutzend Flüchtende, denen der Grenzübertritt
gelungen war, festgehalten worden sein, um sie anschließend in die Türkei
abzuschieben. Ihnen sei kein rechtlicher Beistand gewährt worden.
Am kommenden Dienstag will Erdoğan sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel
und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Istanbul treffen.
Eventuell komme auch der britische Premier Boris Johnson dazu, sagte
Erdoğan laut einem am Dienstag veröffentlichten Transkript eines Gesprächs
mit Journalisten. Zur konkreten Agenda sagte Erdoğan demnach nichts. Doch
dürfte zu den Themen auch der Streit über den Andrang Tausender Migranten
an der türkischen Grenze zu Griechenland zählen.
Die Lage an der Grenze sei besorgniserregend, sagte EU-Innenkommissarin
Ylva Johansson bei einer Debatte des EU-Parlaments am Dienstag. Es fehle
ein gemeinsames Asylprogramm. Sie habe Gespräche mit allen Mitgliedstaaten
geführt und werde einen entsprechenden Vorschlag nach Ostern vorlegen, so
Johansson. Die Kommissarin wollte am Mittwoch nochmals in das Grenzgebiet
reisen.
## Türkei spricht von EU-Beitritt
Die EU hatte die Erklärung Erdoğans zur angeblichen Grenzöffnung scharf
kritisiert. Athen wirft Ankara vor, die Migranten zu instrumentalisieren,
um die EU zu zwingen, politische und finanzielle Wünsche der Türkei zu
erfüllen.
Am Dienstag legte Außenminister Çavuşoğlu dar, welche Forderungen das sind:
Angesichts der „neuen Umstände“, etwa in Syrien, werde man mit der EU
besprechen, was zusätzlich getan werden könne, sagte Çavuşoğlu in einem
Interview mit der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu.
Çavuşoğlu betonte zudem, dass die Türkei bereit sei, neue Kapitel im
EU-Beitrittsprozess zu eröffnen. Er kritisierte, dass EU-Gelder für die
Unterstützung der Türkei für die Aufnahme von Flüchtlingen und den Stopp
von Migranten gen Westen an Ankara noch nicht vollständig ausgezahlt worden
seien. Erst seit die Migranten an die griechischen Grenze gekommen seien,
habe die EU die Probleme verstanden, sagte er.
11 Mar 2020
## LINKS
[1] /Gefluechtete-an-EU-Aussengrenze/!5669605
[2] https://www.nytimes.com/2020/03/10/world/europe/greece-migrants-secret-site…
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