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# taz.de -- Fußball in Zeiten des Coronavirus: Und Deutschland kickt
> Überall auf dem Kontinent werden Spiele abgesagt, um die Verbreitung des
> Coronavirus zu verhindern. Das wäre auch hierzulande angebracht.
Bild: Zutritt verboten: Wer Lazio Rom gegen Bologna sehen wollte, war auf das F…
In Deutschland sind Regeln zum Befolgen da. Es ist zwar eine Mär, dass sich
Bürger dieses Landes, vor sich ein rote Ampel sowie eine vollkommen leere
Straße, die Beine in den Bauch stehen und erst bei grün wie ein
Pawlow´scher Hund schwanzwedelnd über die Kreuzung eilen. Aber ansonsten
werden große und kleine Anweisungen gern befolgt, gerade im Dienst. Weisung
ist Weisung, und Befehl ist Befehl.
So verwundert es wenig, wenn davon berichtet wird, dass Ordner, die zum
[1][DFB-Pokalspiel] der Frankfurter Eintracht gegen Werder Bremen
eingeteilt waren, etlichen Zuschauern ihre kleinen Desinfektionsfläschchen
abgenommen haben. Die Fans wollten vorsichtshalber ihre Hände entkeimen,
was angesichts des grassierenden Sars-Cov-2-Virus sicherlich keine
schlechte Idee ist.
Wenn man schon nicht den empfohlenen Sicherheitsabstand von etwa zwei
Metern zum Nebenmann in einem Stadion einhalten kann, dann will man sich
wenigstens mit Maßnahmen beruhigen, die vielleicht, also unter Umständen,
naja, eventuell in einer Arena etwas bringen könnten. So eine Portion
Sterilium kann in diesen Tagen Wunder wirken – im Oberstübchen.
Aber die Ordner sind sicherlich nicht das Problem. Sie haben nur umgesetzt,
was ihnen gesagt wurde. Flüssigkeiten werden am Einlass eben eingesammelt,
nur große Plakate mit Sprüchen drauf wie [2][„Dietmar Hopp du Sohn einer
Mutter!“] kommen komischerweise immer durch die Schleuse durch. Das Problem
ist schon eher, dass diese Spiele in Deutschland überhaupt noch
stattfinden.
## Abwarten und Sport treiben
Anderswo hagelt es Absagen im Stundentakt, in Italien natürlich, aber auch
in England, Norwegen, der Slowakei oder den Niederlanden. Nur hierzulande
deutet man die abwartende Haltung der Zentrale in eine Entspanntheit der
Basis um. Das deutsche Modell der Föderation ist ja nicht schlecht, weil es
etwas ermöglicht, was in diesem sperrigen Begriff Subsidiarität steckt:
Alles, was im Kleinen oder vor Ort geregelt werden kann, sollte auch dort
entschieden und in Angriff genommen werden.
Aber funktioniert das auch im Fall einer Pandemie? Sind Landräte und kleine
Gesundheitsämter nicht mit dieser Aufgabe überfordert? Wird
Verantwortlichkeit nicht wieder einmal in die Provinz (oder die
Privatwirtschaft) delegiert? Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn
agiert in der Krise streng nach dem Reiz-Reaktionsmuster, und das gleich in
zweierlei Hinsicht: Wenn sich das Coronavirus auf seiner Reise durch Europa
in NRW oder Baden-Württemberg blicken lässt, wird etwas veranlasst – oder
eben dann, wenn die Beliebtheitswerte des CDU-Mannes mit den großen
Ambitionen zu sinken beginnen.
Aber das tun sie gerade nicht, weswegen Spahn wohl schlussfolgert, dass er
alles richtig mache. Er vermeidet Direktiven und will damit wohl sagen:
Alles nicht so schlimm, wir haben die Sache im Griff, Hysterie gilt es zu
vermeiden. Doch wie hieß es dieser Tage so treffend in der FAZ? „Panik und
Verharmlosung sind bekanntlich Geschwister, die Eltern heißen
Borniertheit.“
So richtet sich der öffentliche Diskurs in Deutschland wieder an den
bekannten Feldlinien der Extreme aus: Vorsichtige werden als Memmen
gescholten und Ignoranten als potenzielle Super Spreader. Allerdings bringt
es nichts, hier mit dem Slogan „Maß und Mitte“ zu hantieren, denn zur
Vermeidung – oder Eindämmung – einer Pandemie gehören proaktive und
restriktive Maßnahmen dazu. Spahn sollte für einen Monat
Großveranstaltungen verbieten. Fußballspiele zum Beispiel. Das wäre zu
verschmerzen. Ihre Dosis Sportunterhaltung beziehen Fans dann halt vorm
Fernseher. Das hätte auch den Vorteil, dass ihnen keiner das
Desinfektionsfläschchen wegnimmt.
6 Mar 2020
## LINKS
[1] /Werder-Bremen-in-der-Krise/!5666081
[2] /Diskriminierung-von-Hoffenheims-Hopp/!5666640
## AUTOREN
Markus Völker
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