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# taz.de -- Datenschutz in der Corona-Krise: Dem Virus auf der Spur
> Könnten Handy-Ortungen und Funkzellenabfragen auch in Deutschland ein
> probates Mittel sein, um das Coronavirus einzudämmen?
Bild: Viren- oder Datenschutz? Das ist hier die Frage
Berlin taz | Mit der U-Bahn zum Arzt, Einkaufen im Supermarkt, nach der
Arbeit mit Freund:innen im Park treffen: Wo ich mich aufhalte und wie ich
dahin komme, war bisher meine Sache. Nicht mehr so in Zeiten von Corona.
Die Zahl der mit dem Virus Infizierten steigt auch in Deutschland. Wie aber
lässt sich ihr Tagesablauf nachverfolgen?
Rein technisch ist das ohne Weiteres möglich. Jeder und jede, die ein
Mobiltelefon mit sich rumschleppt, hinterlässt sozusagen eine Datenspur.
Damit ist leicht festzustellen, an welchem Ort sich jemand aufgehalten hat
– und zwar jedes Mal, wenn Empfang geortet wird, ohnehin wenn das GPS für
die Suche nach dem Weg eingesetzt wird oder wir online gehen, um zu chatten
oder zu mailen. Also: Es ist technisch einfach nachzuzeichnen, dass ich
zuerst U-Bahn gefahren bin, mich dann bei einem Arzt aufhielt, später in
den Supermarkt ging und schließlich längere Zeit auf einer Freifläche
verbrachte.
In China, Südkorea und jetzt auch [1][in Israel werden Handyortung und
Tracking von Infizierten ganz gezielt eingesetzt], um die Verbreitung des
Virus aufzuhalten. Auch in Österreich soll ein Mobilfunkanbieter
Medienberichten zufolge angeboten haben, solche Bewegungsströme der
Handynutzer:innen freizugeben. Damit soll aufgezeigt werden, ob die
aktuellen Ausgangsbeschränkungen Wirkung zeigen oder nicht.
In Deutschland ist die Ortung von Handy-Standortdaten, um Bewegungsprofile
von infizierten Personen zu erstellen, [2][ein heikles Thema]. Der
Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber spricht von einem massiven
Eingriff in die Privatsphäre. Allerdings ist es für ihn nicht
ausgeschlossen, eine solche Maßnahme zu rechtfertigen: „Etwa wenn die
Datenerhebung auf Basis einer datenschutzkonformen Einwilligung der
betroffenen Personen erfolgt“, sagte Kelber der taz. Das bedeutet: Bevor es
eine Datenerhebung gibt, muss die Person informiert werden und freiwillig
zustimmen.
## Was passiert mit den Daten?
Zur Information gehört auch, dass die Datenspender:innen wissen, warum ein
Profil erstellt wird, was mit den Daten passiert und wie lange sie
gespeichert werden. Auf diese Fragen gibt es derzeit keine konkreten
Antworten. Sicher sind die Forschungseinrichtungen und Gesundheitsbehörden
an den Informationen interessiert, doch wer noch an deren Verarbeitung
beteiligt sein könnte, ist unklar. Aus dem Robert-Koch-Institut heißt es
derzeit, dass keine Stellungnahme zum Thema Handyortung von
Corona-Infizierten möglich sei. Wenn das Thema konkreter werde, soll es
dazu umfassendere Informationen geben.
Datenschützer Kelber hält einen staatlich erzwungenen Zugriff auf die
Handydaten von Infizierten für rechtlich sehr problematisch. Ohnehin stellt
sich die Frage, welchen Mehrwert dieser „schwere Grundrechtseingriff“
bringt. Ist die Ortsangabe nicht präzise genug, sind auch die Daten nicht
so wertvoll wie gedacht. Zugleich bliebe aber der Eingriff in die
Privatsphäre bestehen.
Ähnlich sieht das auch Rena Tangens von Digitalcourage. „Auswertungen von
Funkzellendaten helfen nicht, um Kontakte von Corona-Infizierten zu
finden“, sagte Tangens gegenüber der taz. Die Zahl der dabei Gefundenen sei
viel zu groß und die meisten von ihnen würden sich gar nicht in der Nähe
der Person aufhalten.
## Eine Krise ist kein Normalfall
WLAN- oder GPS-Auswertungen könnten allerdings genauere Daten liefern. Auch
Apps, die Sensoren des Smartphones nutzen und somit zum Beispiel den
Neigungswinkel des Smartphones zu anderen Personen bestimmen, könnten
Details liefern. „Aber sie sind brandgefährlich“, sagt Tangens. Gezielte
Maßnahmen könnten temporär sinnvoll sein. Trotzdem: „Krisenregelungen
dürfen nicht zum Normalfall werden“, sagt die Datenschutzexpertin. Bei
allen Maßnahmen müsse der Datenschutz unbedingt mitgedacht werden. Dazu
zählen Löschmöglichkeiten, die Rechte der Betroffenen oder auch die
Sicherheit der Daten.
„Eine generelle Überwachung der Bevölkerung ist nicht sinnvoll und
notwendig“, sagt auch Dieter Janecek, Digitalexperte der Grünen im
Bundestag. Die Maßnahmen, die jetzt getroffen wurden, seien richtig und
machten eine Verfolgung in die Privatsphäre von Personen nicht nötig.
Derzeit würden ohnehin nur noch Menschen mit eindeutigen Symptomen, die auf
eine Infizierung schließen lassen, getestet. In diesen Fällen seien
Umfeldrecherchen sinnvoll. Die könnte man über digitale Technologien
vereinfachen. Der Datenschutz gelte. Allerdings wurden bereits Daten von
Personen gesammelt, die in Clubs waren oder bei Veranstaltungen. Diese
Informationen sollen zunächst bei den Gesundheitsämtern und den zuständigen
Behörden bleiben und dann gelöscht werden, sagt Janecek. Andere Behörden
sollten darauf keinen Zugriff bekommen.
17 Mar 2020
## LINKS
[1] /Handyueberwachung-gegen-Corona-in-Israel/!5672043/
[2] /Datenschutz-bei-Standorterkennung/!5667163&s=Datenschutz/
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Datenschutz
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