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# taz.de -- Neues Ehrenbürgerporträt in Berlin: Berlin bedankt sich
> Das Ehrenbürgerporträt der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer wird
> enthüllt. Ein kleiner Dank für ihr wichtiges Wirken.
Bild: Margot Friedländer steht vor ihrem Ehrenbürgerporträt im Berliner Abge…
Berlin taz | Es ist grau und regnerisch am Montagmorgen. Berlin zeigt sich
auf dem Weg vom taz-Gebäude zum Berliner Abgeordnetenhaus nicht von seiner
schönsten Seite. Der Kontrast ist groß beim Betreten des hell erleuchteten
Festsaals des Hauses. Hier soll an diesem Morgen das Ehrenbürgerporträt der
Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer feierlich enthüllt werden.
Friedländer wurde 1921 in Berlin geboren. Nachdem ihre Mutter und ihr
Bruder 1943 nach Auschwitz deportiert wurden, versteckte sie sich eine Zeit
lang an unterschiedlichen Orten, bevor sie 1944 von sogenannten Greifern,
also Jüdinnen und Juden, die im Auftrag der SS andere aufspüren und
ausliefern sollten, verhaftet und in das KZ Theresienstadt gebracht wurde.
Wie durch ein Wunder überlebte sie die Schrecken des Konzentrationslagers.
Fast sechzig Jahre lebte sie mit ihrem Mann in den USA, bevor Margot
Friedländer 2003 anlässlich eines Filmprojekts erstmals in ihre Heimatstadt
zurückkehrte.
Seit 2010 wohnt sie wieder dauerhaft in Berlin. Seitdem lebt sie ihr Leben
als Zeitzeugin, trifft sich vor allem mit jungen Menschen, um ihre
Geschichte zu erzählen und gegen das Vergessen anzukämpfen. 2008 erschien
ihre Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“. Der Titel ist
gleichzeitig die letzte Botschaft, die Margot Friedländer von ihrer Mutter
übermittelt bekommen hat, bevor diese von der Gestapo verhaftet wurde. Und
ihr Leben, das hat sie gemacht, und macht es immer noch, weswegen auch
heute das Porträt zu ihrer Ehrenbürgerwürde enthüllt wird.
Die Veranstaltung im Festsaal beginnt musikalisch mit Max Raabe und dem
Pianisten Christoph Israel. Raabe singt „Ich bin nur wegen Dir hier“ und
fängt damit die respektvolle Stimmung im Raum ein, die in der
anschließenden Rede von Ralf Wieland, dem Präsidenten des
Abgeordnetenhauses von Berlin, zum Ausdruck kommt.
## Eine Geschichte, die bewegt
Die Begegnung mit Margot Friedländer „macht was mit einem. Sie lässt einen
unmöglich kalt“, sagt Wieland und erzählt danach Episoden aus Friedländers
Lebensgeschichte. Man müsse ihr genau zuhören, um die Geschichte
weitertragen zu können, so Wieland weiter. Für ihn solle das Bild eine
Mahnung sein, aber auch an Friedländer erinnern.
Das Bild, das, bisher abgedeckt, zwischen Flügel und Rednerpult aufgestellt
ist, wird nun zum Fokus der Aufmerksamkeit. Friedländer, Wieland und die
Künstlerin stellen sich auf und enthüllen ein Porträt, das die
Protagonistin der Veranstaltung mit einem milden, aber ausdrucksstarken
Lächeln an einem Tisch sitzend zeigt.
Vor ihr liegt ein Adressbuch, in der Hand hält sie eine Bernsteinkette –
zwei der wenigen Gegenstände, die Margot Friedländer von ihrer Mutter
geblieben sind. Zwischen den Seiten eines weiteren Büchleins ragt ein
„Judenstern“ hervor, den sie früher tragen musste. Die Pose am Tisch, die
Teilnehmer*innen ihrer heutigen Lesungen bestens kennen, zusammen mit
den Gegenständen ihrer Vergangenheit zeigen die Bedeutung ihres Lebens und
Überlebens.
Und dann spricht sie. Gespannt lauschen die Anwesenden, als die 98-Jährige
zu reden beginnt. Sie erzählt von Erinnerungen an den Tag im Januar 1943,
als die Gestapo ihre Familie mitnahm. Mit warmer Stimme erzählt sie aber
auch von der Rückkehr nach Berlin, die sie unternahm, „ohne es jemals
bereut zu haben“. Mit Standing Ovations im Anschluss an ihre Rede danken
die Anwesenden im Festsaal ihr für dieses mutige Unterfangen.
Nach zwei weiteren Musikstücken und einem Fototermin mit einer lächelnden
Friedländer endet die Veranstaltung. Beim Verlassen des Abgeordnetenhauses
ist es etwas weniger grau. Mittlerweile hat es sogar aufgehört zu regnen.
Auch Berlin scheint sich bei seiner Ehrenbürgerin zu bedanken.
9 Mar 2020
## AUTOREN
Roberto Sanchino Martinez
## TAGS
Ehrenbürger
Ehrenbürgerschaft
Zeitzeugen
Margot Friedländer
Freie Universität Berlin
Holocaustüberlebende
Schwerpunkt Tag der Befreiung
NS-Verfolgte
Doku
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