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# taz.de -- Geflüchtete an der EU-Außengrenze: Eskalation am Grenzzaun
> Griechenlands Vize-Migrationsminister verteidigt die harte Abwehr
> Geflüchteter. Und türkische Polizisten feuern angeblich Rauchbomben ab.
Bild: Die EU-Außengrenze ist für Geflüchtete weiterhin unüberwindbar
Die Entsendung von Sondereinheiten der türkischen Polizei an die
griechische Grenze hat die Lage dort weiter angeheizt. Noch immer harren
dort [1][Tausende Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen] aus.
Nach Agenturberichten wurden in der Nacht zum Sonntag von der türkischen
Seite aus Tränengas, Rauchbomben und Blendgranaten über den Grenzzaun
geschossen. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu bestritt dies.
Aufnahmen der griechischen Polizei, die dem griechischen Fernsehsender Skai
zugespielt worden waren, sollen ein gepanzertes türkisches
Grenzüberwachungsfahrzeug vom Typ Hizir/Ates zeigen, das versucht, mit
einem Stahlseil den Grenzzaun niederzureißen.
Zwar hatte im Laufe der Woche ein Teil der ursprünglich über 12.000
Flüchtlinge das Grenzgebiet wieder verlassen. Die Türkei versuchte aber
offenbar, die verbleibenden in Richtung Europa zu drängen, um dort weiteres
Chaos zu stiften.
Griechenlands Vize-Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos hat derweil die
Kritik am [2][gewaltsamen Vorgehen seiner Regierung] gegen Flüchtlinge an
der griechisch-türkischen Grenze zurückgewiesen. Sein Land breche keine
Gesetze, sagte Koumoutsakos der Welt am Sonntag.
## Griechenland bezeichnet Vorwürfe als falsch
„Was wir erleben, ist eine Gefahr für unsere nationale Sicherheit und die
der europäischen Grenzen“, betonte der Vize-Migrationsminister. Seine
Regierung habe „eine Balance“ zwischen „internationalen Gesetzen und dem
Schutz unserer Grenzen“ finden müssen, und dies sei „ein schmaler Grat“.
Auch den Vorwurf, griechische Sicherheitskräfte hätten an der Landgrenze
zur Türkei mindestens einen Migranten erschossen, wies Koumoutsakos zurück:
„Die Vorwürfe stimmen nicht, auf keinen Fall.“ Ohnehin setzten griechischen
Sicherheitskräfte an der Grenze keine scharfe Munition ein. In den
Berichten über einen Toten am vergangenen Montag und einen weiteren am
vergangenen Mittwoch war allerdings nur die Rede von Gummigeschossen oder
Tranengaskartuschen als Auslöser der tödlichen Verletzungen.
Unterdessen hat die Initiative City Plaza aus Athen Angaben zur Identität
des Toten vom Mittwoch gemacht. Demnach soll es sich um einen Pakistani
namens Muhammad Gulzar handeln. Gulzar sei bereits vor drei Jahren als
Flüchtling nach Athen gekommen und habe eine Zeit lang im City Plaza Hotel
gelebt. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Hotel, das Gruppen aus
Griechenland und anderen europäischen Ländern ab 2015 in eine
selbstverwaltete Flüchtlingsunterkunft verwandelt hatten.
Gulzar war den Angaben zufolge in die Türkei gereist um seine Frau
nachzuholen. Beim Versuch mit ihr gemeinsam wieder nach Griechenland zu
kommen, sei er getötet worden. “Wir wissen nicht, wer der Morder ist, aber
wir wissen, wer die Verantwortung trägt“, heißt es in einer Erklärung von
City Plaza: Die EU.
## Feuer im Flüchtlingszentrum auf Lesbos
Derweil ist im Gemeinschaftszentrum „One Happy Family“ auf Lesbos am
Samstagabend ein Feuer ausgebrochen. Wie die Betreiber des Zentrums am
Abend über Facebook mitteilten, wurde der Brand von der Feuerwehr gelöscht.
Verletzt worden sei niemand, aber viele Gebäude seien zerstört.
Das Zentrum liegt unweit der Flüchtlingsunterkunft Kara Tepe, wo rund 1500
Flüchtlinge und Migranten leben, darunter viele Kinder und Familien. Die
Anlage von One Happy Family diente den Flüchtlingen als Treffpunkt. Die
Brandursache stand am Abend noch nicht fest. Bereits am vergangenen
Wochenende war auf Lesbos ein Gebäude ausgebrannt, das zuvor vom
UN-Flüchtlingswerk UNHCR genutzt worden war.
Der rechte Blogger Oliver Flesch und zwei Begleiter sind auf Lesbos mit
linken Demonstranten aneinandergeraten. Gemeinsam hätten sie am Samstag bei
einer antifaschistischen Demonstration in der Inselhauptstadt agitiert, wie
die Inselzeitung Sto Nisi am Sonntag berichtete. Daraufhin hätten
Demonstranten sie gejagt; die Polizei habe eingegriffen. Es ist das zweite
Mal innerhalb einer Woche, dass Rechte aus Deutschland sich auf Lesbos mit
den Griechen solidarisch zeigen wollten.
Die Dresdner NGO Mission Lifeline startete derweil eine Spendensammlung für
eine Evakuierungsmission für Kinder und Mütter aus Griechenland. Dafür soll
ein Flugzeug gechartert werden, das die Passagiere von Lesbos nach Berlin
bringt, wo sie anschließend nach dem Königsteiner Schlüssel oder an
aufnahmebereite Kommunen verteilt werden.
8 Mar 2020
## LINKS
[1] /Gefluechtete-an-EU-Grenze-in-Griechenland/!5668117
[2] /Griechenland-und-die-Fluechtlinge/!5665945
## AUTOREN
Christian Jakob
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Türkei
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