# taz.de -- Machtkampf in Afghanistan: Regierung in Kabul ausgebremst | |
> Der US-Sondergesandte verhindert, dass sich Afghanistan politisch in zwei | |
> Teile spaltet. Die Friedensverhandlungen mit den Taliban beginnen im | |
> März. | |
Bild: Abdullah Abdullah, hier auf einer Pressekonferenz, erkennt das Wahlergebn… | |
KABUL taz | An diesem Donnerstag wollte sich eigentlich Amtsinhaber | |
Mohammed Aschraf Ghani in Kabul für eine zweite Amtszeit als | |
Staatspräsident Afghanistans vereidigen lassen. Kabuls Straßen waren schon | |
beflaggt. Denn am Dienstag voriger Woche hatte die Wahlkommission den | |
70-jährigen Paschtunen aus der Provinz Logar, einen Anthropologen, | |
Ex-Weltbankmitarbeiter und Finanzminister, mit 50,64 Prozent der Stimmen | |
[1][zum Sieger erklärt]. | |
Das Problem: Sein Rivale Abdullah Abdullah, seit 2014 Partner Ghanis in | |
einer wenig erfolgreichen Nationalen Einheitsregierung (NUG), erkennt das | |
Wahlergebnis nicht an und reklamierte den Sieg für sich. Auch Abdullah | |
wollte sich ins Präsidentenamt einführen lassen. Er ernannte bereits eigene | |
Provinzgouverneure für seine Hochburgen im Norden und drohte, eine | |
Parallelregierung zu bilden. Abdullah argumentiert, dass ein Sechstel aller | |
abgegebenen Stimmen umstritten waren, die Wahlkommission sie aber pauschal | |
und ohne gründliche Prüfung für gültig erklärt hatte. | |
Laut Wahlbeschwerdekommission, die der Wahlkommission zuarbeitet, seien 20 | |
bis 30 Prozent davon ungültig gewesen. Das hätte Ghanis Anteil unter 50 | |
Prozent gedrückt und zur Stichwahl führen können. Abdullahs Anhänger sahen | |
hinter der Entscheidung politischen Druck Ghanis. Sie gehen davon aus, dass | |
er als Präsident und alleiniger Vertreter seines Landes in die | |
Friedensgespräche mit den Taliban gehen wollte. Sie sollen im März | |
beginnen. | |
Die Gefahr, dass Afghanistans Regierungslager politisch in zwei Teile | |
gespalten wird und das mühsam über anderthalb Jahre ausverhandelte | |
Truppenabzugsabkommen mit den Taliban ins Wanken geraten könnte, rief die | |
USA als Hauptschutzmacht und -finanzier der bisherigen Ghani/Abdullah- | |
Regierung auf den Plan. | |
## Neuauflage der Machtteilung? | |
[2][Das Abkommen soll an diesem Samstag in Katar unterzeichnet werden]. | |
Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad bewegte nach Tagen und Nächten | |
intensiver Pendeldiplomatie die Rivalen zum Einlenken. Beide Vereidigungen | |
würden für zwei Wochen vertagt, gab Dienstagabend Kabuler Zeit das | |
US-Außenministerium bekannt. Abdullahs Sprecher bestätigte das. Vom | |
verärgerten Ghani war nichts zu hören. | |
Wie es zwischen den Rivalen weitergehen soll, ist unklar. Washington sprach | |
sich für eine „inklusive Regierung“ aus. Ghani schließt aber eine | |
Neuauflage der NUG aus. Doch Abdullah dürfte sich kaum mit weniger als | |
einer Halbe-halbe-Lösung bescheiden. Zudem müssen sich beide noch auf ein | |
Team für die Taliban-Gespräche einigen. | |
Je länger eine Einigung ausbleibt, desto größer wird die Gefahr, dass nach | |
fünf von sieben Tagen einer Teilwaffenruhe zwischen Taliban, US-und | |
afghanischen Truppen wieder Kämpfe ausbrechen. [3][Seit letztem Samstag | |
sank die Zahl der Gefechte um 80 Prozent.] Beide Kabuler Parteien blicken | |
vor allem auf ihren Machtanteil, während die Bevölkerung Frieden und | |
bessere Lebensverhältnisse erwartet. 55 Prozent der Bevölkerung leben unter | |
der Armutsgrenze. | |
26 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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