# taz.de -- Geplanter Idlib-Gipfel: Erdoğan mit dem Rücken zur Wand | |
> Merkel und Macron wollen nicht, dass Verzweifelte aus Syrien weiter über | |
> die Türkei nach Europa drängen. Doch dazu müsste Putin einlenken. | |
Bild: Die Flucht vor den Bomben in Idlib endet für die Kinder in einer Notunte… | |
Recep Tayyip Erdoğan hat gedroht, hat Soldaten und Panzer über die syrische | |
Grenze [1][nach Idlib] geschickt und [2][ein Ultimatum bis Ende Februar] | |
gestellt, doch der russische Präsident Wladimir Putin blieb davon | |
unbeeindruckt. Der Forderung Erdoğans, die Soldaten Assads zurückzupfeifen | |
und die Regimetruppen an einem weiteren Vormarsch in der letzten | |
Rebellenprovinz Syriens zu hindern, ist Putin nicht nachgekommen. | |
Der türkische Präsident, der Putin in den letzten Monaten auch schon mal | |
als Freund bezeichnet hatte, steht jetzt mit dem Rücken zur Wand. Die | |
Assad-Truppen treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Zu | |
Hunderttausenden drängen sie mittlerweile an die türkische Grenze, und bei | |
einer Fortsetzung der Kämpfe wird sie wohl niemand mehr lange daran hindern | |
können, in letzter Verzweiflung die türkischen Grenzbefestigungen einfach | |
nieder zu reißen. Das aber würde Erdoğan innenpolitisch in die allergrößten | |
Schwierigkeiten bringen. [3][Seine Syrienpolitik] war in der türkischen | |
Bevölkerung nie besonders populär – man hätte sich aus diesem Krieg heraus | |
halten sollen, sagen die meisten TürkInnen, wenn man sie fragt. Auf gar | |
keinen Fall will man nun noch mehr als die ohnehin schon fast 4 Millionen | |
syrischen Flüchtlinge im Land akzeptieren. | |
Deshalb muss Erdoğan nun unbedingt dafür sorgen, dass es eine Schutzzone | |
für die Flüchtlinge auf der syrischen Seite der Grenze gibt. Doch dafür | |
müssen Putin und letztendlich auch dessen Verbündeter Assad dem Ansinnen | |
zustimmen, wenigstens einen kleinen [4][Teil von Idlib] als | |
Massenflüchtlingslager unangetastet zu lassen. Militärisch kann Erdoğan | |
diese Zustimmung trotz allen Säbelrasselns nicht erzwingen. Er müsste sich | |
in letzter Konsequenz mit dem russischen Militär anlegen, und das wäre | |
politischer und militärischer Selbstmord. Deshalb braucht der türkische | |
Präsident jetzt ganz dringend politische Unterstützung. | |
Da der US-amerikanische Präsident Donald Trump in Syrien gar nicht mehr | |
mitmischen will, sollen jetzt die deutsche Bundeskanzlerin und der | |
französische Präsident einspringen. Abwegig ist die Idee nicht: Sowohl | |
Angela Merkel als auch Emmanuel Macron haben [5][ein starkes Eigeninteresse | |
daran], dass über die Türkei nicht erneut viele Tausende verzweifelte | |
syrische Flüchtlinge an der europäischen Außengrenze landen und | |
Griechenland und den Balkan endgültig destabilisieren. Sie haben Putin | |
bereits telefonisch dazu gedrängt, in Idlib einzulenken. Jetzt soll es ein | |
Gipfeltreffen mit Putin und Erdoğan geben, also ein vergleichbares Format | |
wie während der Ukrainekrise, nur mit der Türkei statt mit der Ukraine. | |
Es ist gut, dass Merkel und Macron grundsätzlich dazu bereit sind, sich zu | |
engagieren. Doch wenn sie bei Putin Erfolg haben wollen, werden sie einen | |
Preis dafür zahlen müssen. | |
24 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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