# taz.de -- Meşale Tolu über ihren Prozess: „Ich will, dass das alles endet… | |
> In Istanbul geht der Prozess gegen die Journalistin Meşale Tolu nach fast | |
> drei Jahren zu Ende. Gerechtigkeit wird ihr nicht widerfahren, sagt sie. | |
Bild: Meşale Tolu im September 2018 in Düsseldorf | |
taz: Frau Tolu, am heutigen Dienstag geht Ihr [1][Prozess in Istanbul] | |
weiter, in dem Sie wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und | |
Terrorpropaganda angeklagt sind. Wie beurteilen Sie diesen Prozess heute? | |
Meşale Tolu: In der ganzen Zeit wurde kein einziger Beweis für die Vorwürfe | |
gegen mich vorgelegt. Die anonymen Zeugen, die zu meiner Verhaftung geführt | |
haben, wurden nicht in den Zeugenstand gerufen und angehört. Wir gehen | |
ohnehin nicht davon aus, dass es so einen Zeugen gibt. Die Telefondaten | |
wurden nicht ausgewertet. Es ist ein erfundener Prozess. | |
Haben die Verhandlungstage noch eine Bedeutung für Sie? | |
Jeder Verhandlungstag reißt mich aus meiner Routine. Selbst wenn es mich | |
nicht kümmert, spreche ich mit der Presse und meiner Anwältin. Der heutige | |
Verhandlungstag hat insofern Bedeutung, als dass die Staatsanwaltschaft ihr | |
Plädoyer halten wird. Bei den Prozessen gegen Deniz Yücel und Peter | |
Steudtner war es genauso – an jeder Verhandlung nehmen Abgeordnete aus | |
Deutschland teil, der Konsul kommt. Deshalb wollen sie den Prozess jetzt zu | |
einem Ende bringen. | |
Was für eine Strafforderung erwarten Sie? | |
Die Staatsanwaltschaft hat bis zu 25 Jahre Haft gefordert. Gleichgültig, | |
wie hoch die Strafe sein wird, wir wissen, dass das ein politisches Urteil | |
sein wird und dass das Urteil später geändert werden könnte. Das haben wir | |
bei Osman Kavala und bei Selahattin Demirtaş gesehen. Weil ich nicht an ein | |
gerechtes Urteil glaube, wird es sich nicht besonders auf mich auswirken, | |
wie es ausfällt. Selbst wenn ich freigesprochen werde, wird mir keine | |
Gerechtigkeit widerfahren sein. Ich will nur, dass das alles endet. | |
Im Oktober 2018 sind Sie zu Ihrer [2][Verhandlung in die Türkei] gereist. | |
Für morgen haben Sie das nicht geplant, nehme ich an? | |
Nein. Ich arbeite in Deutschland. Ich möchte nichts riskieren und ich | |
möchte nicht wieder so eine aufwühlende Zeit durchmachen. Eigentlich hätte | |
ich dort gern gelebt und gearbeitet, aber das ist im Moment nicht möglich. | |
Wie ist Ihr Leben zurück in Deutschland? | |
Im Moment mache ich ein Volontariat bei Schwäbisch Media. Seit Juni werde | |
ich zur Redakteurin ausgebildet. Gerade bin ich beim Radio, bald wechsle | |
ich zum Fernsehen. | |
Berichten Sie dort auch über die Türkei? | |
Nein, in meinem Redaktionsalltag geht es nicht um die Türkei. Das ist ein | |
Verlag, der regionale Nachrichten über aktuelle Themen bringt. | |
Übersetzung: Elisabeth Kimmerle | |
25 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ali Çelikkan | |
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