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# taz.de -- Seehofer spricht auf Polizeikongress: Abschotten und mitlesen
> Bundesinnenminister Seehofer setzt bei der Sicherheit auf mehr Europa.
> Die Außengrenze soll geschützt und Online-Durchsuchungen erlaubt werden.
Bild: Horst Seehofer auf dem 25. Europäischen Polizeikongress
BERLIN taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer will in der Sicherheit mehr
auf europäische Lösungen setzen. „Alle Probleme sind nur im europäischen
Kontext zu lösen“, sagte der CSU-Mann. Und: Auch für die EU sei dieses
Thema essentiell: „Die gemeinsame europäische Asylpolitik ist für Europa
genauso wichtig wie der europäische Green Deal.“
Seehofer eröffnete damit am Dienstagvormittag den Europäischen
Polizeikongress in Berlin, eine alljährliche Fachkonferenz mit knapp 2.000
TeilnehmerInnen. „Rechtsstaat durchsetzen“, titelt der Kongress diesmal.
Fragwürdig heißt es in der Einladung: „In den vergangenen Jahren hat eine
Erosion des Rechtsstaats stattgefunden“. Die Veranstalter zählen dazu neben
„Parallelgesellschaften“, Clans oder Darknet-Geschäften auch den
Rechtsextremismus.
Seehofer ging auf den umstrittenen Titel sofort ein. „Wir haben den besten
Rechtsstaat, den es jemals in Deutschland gab“, stellte der Minister klar.
Es sei der Einsatz der Polizei, der dafür sorge. Aber auch die EU halte den
Rechtsstaat hoch. Damit dies so bleibt, müsse für Feinde des Rechtsstaat
aber tatsächlich „null Toleranz“ gelten, betont Seehofer. So wie jüngst
beim [1][Verbot der rechtsextremen Gruppe „Combat 18“] geschehen, lobt sich
der CSU-Mann selbst.
Dann beginnt er seinen europäischen Appell. Seehofer verweist zuerst auf
den Brexit. Hier dürfe es beim Thema Sicherheit keinen harten Bruch mit
Großbritannien geben, appelliert der Minister. Die Kooperation in diesem
Feld müsse auf gleichem Niveau fortgeführt werden. Es wäre „kleinkariert�…
Großbritannien nun auszugrenzen. „Wir würden uns selbst schaden.“
## Mehr Kooperation bei Migrationspolitik
Und auch in der Migrationspolitik plädiert Seehofer für eine stärkere
europäische Kooperation. Die EU-Außengrenze müsse konsequenter geschützt
werden, auch mit einem Ausbau von Frontex. Die bisher geplante
Personalverdoppelung auf 10.000 Stellen bis 2027 komme zu spät. Auch die
Verteilung von Migranten innerhalb der EU müsse endlich geklärt werden.
Seehofer warnte vor einem aktuell „gewaltigen Migrationsdruck aus allen
Himmelsrichtungen“ auf die EU. Ob in der Türkei, Griechenland, dem Balkan,
Italien oder Spanien – überall fänden sich wieder mehr Geflüchtete ein. F�…
deren Einreise und Verteilung brauche man klare Regeln. Misslängen hier
Lösungen, stärke dies Extremisten, so Seehofer. Deshalb sei dieses
Politikfeld so wichtig wie der von Kommissionspräsidenten Ursula von der
Leyen angestoßene europäische Green New Deal. „Wir müssen verhindern, dass
sich das Jahr 2015 wiederholt.“
Die kroatische Innenministerin Terezija Gras, deren Land momentan die
EU-Ratspräsidentschaft innehat, sagte Seehofer eine enge Kooperation bei
Sicherheit und Migration in Europa zu. Auch sie wolle Frontex schneller
aufstocken, schon in den nächsten vier Jahren. Abschiebungen müssten
„systematischer“ erfolgen. Seehofer kündigte an, dass Deutschland, wenn es
im Sommer die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, das Thema Sicherheit zum
Schwerpunkt machen werde.
[2][Zuvor hatte bereits Gilles de Kerchove, EU-Koordinator für die
Terrorismusbekämpfung, in der taz eine stärkere Zusammenarbeit in Europa
gefordert] – und zwar im Kampf gegen den Rechtsterrorismus. Die Gefahr sei
hier gewachsen wie die jüngsten Anschlägen in Deutschland zeigten, warnte
der Belgier. Es brauche eine Bekämpfung „mit der gleichen Schlagkraft wie
gegen den sogenannten Islamischen Staat oder al-Qaida“.
Innenpolitisch kündigte Seehofer noch sein neues Bundespolizeigesetz an,
dass den Beamten künftig auch das Mitlesen von verschlüsselter
Onlinekommunikation und Online-Durchsuchungen erlaubt. Den strittigen
Einsatz von Software zur Gesichtserkennung nahm Seehofer dafür kürzlich
wieder aus dem Gesetzentwurf. Der Minister verteidigte auf dem Kongress
auch den Kampf gegen Rechtsextremismus und bekräftigte, dass nach Combat 18
weitere Verbote in Prüfung seien.
Auch stellte sich Seehofer klar hinter die Polizei: Es gebe keinen Grund,
das Tun der Polizei politisch infrage zu stellen, so wie kürzlich in
Leipzig geschehen. Ein Seitenhieb auf die neue SPD-Chefin Saskia Esken, die
genau dies getan hatte – nach einem rabiaten Polizeieinsatz samt
aufgebauschter Kommunikation in der [3][Connewitzer Silvesternacht]. „Die
Öffentlichkeit steht hinter Ihnen“, rief Seehofer den PolizistInnen im Saal
zu – und erntete hierfür erwartungsgemäß den größten Applaus.
Auf dem zweitägigen Kongress werden auch noch BKA-Präsident Holger Münch,
Bundespolizeichef Dieter Romann oder Verfassungsschutzpräsident Thomas
Haldenwang sprechen. Linke Gruppen hatten im Vorfeld gegen den Kongress
demonstriert: Dort würden Maßnahmen der Überwachung und Repression
vorangetrieben.
4 Feb 2020
## LINKS
[1] /Kampf-gegen-Rechtsextremismus/!5658992
[2] /EU-warnt-vor-Rechtsterrorismus/!5661793
[3] /Silvesternacht-in-Connewitz/!5657317
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Horst Seehofer
Polizei
EU
Europäische Union
Combat 18
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei
Schwerpunkt Rechter Terror
Combat 18
Leipzig-Connewitz
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