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# taz.de -- Neue Regeln für Schiffsdiesel: Ruß-Land in Sicht
> In Schiffsdiesel ist jetzt weniger Schwefel, dafür entsteht bei der
> Verbrennung mehr Ruß. Und der ist schlecht fürs Klima.
Bild: Ein Feederschiff an der Elbmündung nahe Cuxhaven
Chiang Mai taz | Die Menschen in Hafenstädten können aufatmen. Seit Anfang
des Jahres darf Schiffsdiesel nur noch 0,5 Prozent Schwefel enthalten und
nicht mehr 3,5 Prozent wie zuvor. Auf die Einführung des neuen,
schwefelarmen Treibstoffs ist Kitack Lim stolz. „Es ist ein Zeugnis für die
Sorgfalt der IMO und der Schifffahrtsindustrie, dass eine derart
weitreichende Regeländerung erfolgreich umgesetzt wird.“ Die „IMO“ ist d…
Internationale Seeschifffahrts-Organisation und Lim ihr Chef. Was er in
seinem Statement nicht erwähnt, ist, dass der neue Kraftstoff dem Klima
schadet.
Das zeigt aber eine Studie des Umweltbundesamts. Demnach führen die neuen
Treibstoffe im Vergleich zum zuvor verwendeten Schweröl zu einem um 10 bis
85 Prozent erhöhten Ausstoß von Ruß. In der Regel wird Ruß schnell aus der
Luft ausgewaschen. In der Arktis ist aber auch das ein Problem: Die
Rußpartikel verdunkeln Eis und Schnee, was zum schnelleren Schmelzen führt.
Der rußende Effekt des neuen Kraftstoffs war so nicht geplant. Das zeigt
eine [1][Eingabe verschiedener Umweltorganisationen bei der IMO]: „Die
ursprüngliche Annahme war, dass die Mineralölindustrie auf Destillate
umstellen würde“, heißt es dort. Gemeint ist etwa Marine Gasoil. Diesen Typ
Schiffsdiesel gab es bereits 2008, als die Einführung von schwefelarmem
Sprit beschlossen wurde.
Doch die Betreiber von Ölraffinerien zeigten sich kreativer als erwartet.
Der neue Schiffsdiesel muss nur der Industrienorm ISO 8217 genügen. Diese
sagt nichts über „aromatische Verbindungen“ aus. Genau diese Moleküle sind
aber dafür verantwortlich, dass bei der Verbrennung mehr Ruß entsteht.
Außerdem sind sie krebserregend. Deshalb dürfen Benzin und Diesel auch nur
bestimmte Anteile solcher Verbindungen enthalten. Bei Benzin sind es
weniger als ein Prozent. Das Umweltbundesamt testete Schiffsdiesel mit
einem 70, 80 und 95 Prozent Anteil an diesen Verbindungen auf ihre
Rußemissionen.
## Geringe Kosten, viel Ruß
„Raffinerien versuchen typischerweise den Gehalt an Aromaten bis an die
Grenze zu maximieren“, schreibt die Unternehmensberatung McKinsey, ohne
genauer zu erklären, was der Anreiz der Mineralölhersteller dafür ist. Die
Umweltorganisationen vermuten, dass Kostengründe entscheidend sind: „Beim
Versuch die Kosten für IMO-konforme Treibstoffe zu senken, hat die
Raffinerieindustrie eine Reihe neuer Kraftstoffgemische entwickelt, die die
Rußemissionen von Schiffen über Nacht erhöhen könnten.“
Die Bundesregierung fordert nun, die [2][ISO-Norm 8217] so zu überarbeiten,
dass sie eine Obergrenze für Aromaten enthält. Die Umweltorganisationen
sehen hingegen die IMO in der Pflicht. Sie fordern, dass Schiffsdiesel
verboten wird, der höhere Rußemissionen als Destillate hat. Bis dieses
Verbot greift, sollen die Reedereien ihre Schiffe freiwillig mit
Destillaten wie Marine Gasoil betanken.
Die Clean Arctic Alliance, ein Verbund von Umweltorganisationen, will
darüberhinaus wissen, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Kraftstoffe
mit derart hohen Rußemissionen auf den Markt gebracht wurden. Die
[3][Chefberaterin der Allianz, Sian Prior, schreibt in einem Brief an
Industrieverbände]: „War Ihnen bewusst, dass die neuen Kraftstoffgemische
einen höheren Anteil an Aromaten haben? War Ihnen der Zusammenhang zwischen
Aromaten und Ruß bekannt? Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten, warum
haben Sie dann nicht sofort die Produktion dieser Treibstoffe gestoppt und
die IMO alarmiert?“
Dieser Frage kann die IMO bald auf den Grund gehen, beim nächsten Treffen
ihres „Unterausschusses für die Vermeidung von Umweltverschmutzung“ am 17.
Februar.
8 Feb 2020
## LINKS
[1] http://www.weltinnenpolitik.net/wp-content/uploads/2020/01/PPR-7-8-3-The-ne…
[2] https://www.iso.org/standard/64247.html
[3] https://www.hfofreearctic.org/wp-content/uploads/2020/01/Letter-from-Clean-…
## AUTOREN
Christian Mihatsch
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Emissionen
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