| # taz.de -- Nachruf auf Daniel arap Moi: Kenias letzter Diktator | |
| > Er beherrschte sein Land 25 Jahre lang – mit Autokratie und Korruption. | |
| > Nach seinem Tod bleibt Moi vielen Kenianern trotzdem in guter Erinnerung. | |
| Bild: Daniel arap Moi in typischer Pose, hier 1997 vor Parteianhängern in Nair… | |
| Nairobi taz | Als Daniel arap Moi noch lebte, wurde er in Kenia | |
| gleichermaßen gehasst und geliebt. Nach seinem Tod erinnern die | |
| verzeihenden Kenianer sich aber vor allem an seine guten Entscheidungen. | |
| „Er hat dafür gesorgt, dass wir Kinder damals zwei Mal in der Woche in der | |
| Schule gratis Milch bekamen“, sagt ein Gärtner. „Er hat uns Schulen | |
| gegeben, damit Kenianer jetzt gebildet sind“, meint ein Chauffeur. | |
| Viele rufen auch in Erinnerung, dass es Moi gelang, als Präsident seines | |
| Landes zwischen 1978 und 2002 den Frieden in Kenia zu bewahren – während es | |
| in anderen Ländern Ostafrikas, wie Uganda, Somalia, Sudan und Äthiopien, | |
| blutige Bürgerkriege gab. | |
| Offenbar wird dabei vergessen, wie unter seiner Herrschaft Kritiker | |
| gefoltert wurden, oder bei verdächtigen Autounfällen starben oder irgendwie | |
| aus einem Fenster im zehnten Stock fielen. Vergessen ist auch die | |
| [1][riesige Korruption] unter seiner Führung, wie auch dass er in Regionen, | |
| wo die Opposition populär war, kaum für Entwicklung sorgte. | |
| Moi, geboren 1924 während der britischen Kolonialherrschaft, gehörte zur | |
| relativ kleinen Volksgruppe der Kalenjin, die er als Präsident über die | |
| anderen mehr als vierzig Ethnien Kenias bevorzugte. Die Kalenjin-Regionen | |
| bekamen nicht nur bessere Straßen und selbst einen internationalen | |
| Flughafen bei der Stadt Eldoret, sondern sie waren auch diejenigen, die von | |
| der Korruption unter Moi am meisten profitierten. | |
| Sein Vorgänger Jomo Kenyatta, erster Präsident des unabhängigen Kenia und | |
| Vater des jetzigen Präsidenten, hatte dasselbe getan mit seiner | |
| [2][Kikuyu-Ethnie], der größten des Landes. Er hatte dafür gesorgt, dass | |
| viele Kikuyus sich im zentralkenianischen Rift Valley niederlassen konnten, | |
| das die Kalenjin als „ihr“ Gebiet betrachten. Damit sorgten die ersten zwei | |
| Präsidenten von Kenia für ethnische Konflikte, die [3][noch immer virulent] | |
| sind, obwohl es momentan einen Kikuyu-Präsidenten und einen | |
| Kalenjin-Vizepräsidenten gibt – genau wie Kenyatta und Moi früher. | |
| Niemand hat Kenia länger regiert als Moi, der nach Jomo Kenyattas Tod 1978 | |
| fast ein Vierteljahrhundert herrschte. Er versuchte anfangs noch, Kenias | |
| viele Völker zusammenzuschmieden und das ganze Land zu entwickeln. Aber | |
| nach einem gescheiterten Putschversuch 1982 transformierte der ehemalige | |
| Lehrer sich in einen Diktator. | |
| Der Westen kritisierte ihn dabei wenig, denn Kenia hatte einen wichtigen | |
| geografischen und strategischen Platz im Kalten Krieg inne. Aber als Anfang | |
| der 1990er Jahre der Ost-West-Konflikt endete, wurde auch auf Moi der Druck | |
| immer stärker, von außen und aus dem eigenen Land. 1992 fanden die ersten | |
| Mehrparteienwahlen statt, die wie so viele Wahlen seitdem als unehrlich | |
| bezeichnet wurden. 2002 verzichtete er schließlich auf eine erneute | |
| Präsidentschaftskandidatur. Während der Vereidigung seines Nachfolgers Mwai | |
| Kibaki wurde Moi von einer riesigen Menschenmasse in einem Park im Zentrum | |
| der Hauptstadt Nairobi ausgebuht und mit Erdklumpen beworfen. | |
| Doch sein politisches Erbe ist bis heute sichtbar. Die einflussreichsten | |
| Politiker im Land hatten alle irgendwann einmal einen Platz in seiner | |
| Regierung oder Partei. Sein Nachfolger Kibaki, der 2002 die Opposition | |
| gegen Mois Partei anführte, diente einst unter ihm als Finanzminister. Der | |
| heutige Präsident [4][Uhuru Kenyatta] war von Moi in seiner Partei als | |
| Nachfolger auserkoren wollen. Kenyatta verlor 2002 die Wahlen, aber gewann | |
| in 2013 und 2017. Auch [5][Raila Odinga], der aktuell wichtigste | |
| Oppositionsführer, war einmal Energieminister unter Moi. | |
| Moi lebte ein einfaches Leben, ohne Zigaretten und ohne Alkohol. Fleisch aß | |
| er kaum, er bevorzugte grünes Gemüse mit Maisbrei. Aber er trug mit | |
| Vorliebe englische Maßanzüge. Bis ins hohe Alter war er sichtlich fit und | |
| gesund. Er hat acht Kinder, aber schon bevor er Präsident wurde, lebte er | |
| getrennt von seiner Frau Lena, von der er sich in 1979 offiziell scheiden | |
| ließ. | |
| Am Dienstag ist Daniel Toroitich arap Moi an einer unbekannten Krankheit | |
| gestorben. Er wurde 95 Jahre alt. Während seiner Präsidentschaft wurde oft | |
| die Kolonne von Autos kritisiert, die Moi bei jeder Tour begleitete und für | |
| große Staus sorgte. Dienstagmorgen gab es einen riesigen Stau durch die | |
| viele Autos seiner Anhänger, die sich beim Bestattungsunternehmen in | |
| Nairobi sammelte, wohin er nach seinem Tod gebracht wurde. | |
| 4 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ilona Eveleens | |
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