Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neue Sitzbänke der BVG: „Nicht sehr menschenfreundlich“
> Die umgebauten Sitzbänke an Haltestellen haben dicke Metallbügel. Sollen
> dadurch Obdachlose verdrängt werden?
Bild: Kaltes Metall und Bügel: Eher abschreckend, als einladend
BERLIN taz | Die Sitzbank ist vieles: Sehnsuchtsort für schmerzende Füße,
Treffpunkt für Gespräche, ein Ort zum Warten auf Bus und Bahn. Für
Menschen, die auf der Straße leben, ist sie aber vor allem Rast- und
Schlafplatz. Doch das änderte sich an einigen Haltestellen.
Die Berliner Verkehrsbetriebe haben unter anderem am Alexanderplatz neue
Bänke installiert, die in etwa so bequem sind wie die Teilnahme an einer
Yogastunde mit einem Kreuzbandriss. Es handelt sich um eine glatte
Metallfläche mit zwei dicken Bügeln zwischen drei Sitzplätzen. Weitere
dieser Bänke sind geplant.
Twitter-NutzerInnen kritisieren deshalb, dass die Sitzbänke [1][Obdachlose
verdrängen] sollen. Auch die Linke vermutet, in einer kleinen Anfrage,
diesen Zweck der Umbaumaßnahmen. Die BVG weist das von sich und behauptet,
ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen könnten dank der Bügel besser
aufstehen.
An der Tram-Haltestelle Alexanderplatz/Dircksenstraße prallen am
Dienstagmittag zwei Modelle aufeinander. Auf der einen Seite befinden sich
die üblichen Holzbänke – genau gegenüber die polarisierenden Metallmodelle.
Eine alte Dame sitzt auf der Kante der Metallbank. „Von dem kalten Material
bekommt man ja eine Blasenentzündung“, sagt sie. Ob sie denn besser
aufstehen könne? Sie testet es prompt und rutscht an dem nach oben leicht
spitz zulaufenden Bügel ab. „Das bringt gar nichts“, sagt sie verärgert u…
schüttelt den Kopf. Durch die Schräge könne sie sich nicht richtig
abstützen.
## Weder Rast- noch Schlafplatz
Um die Ecke sitzt Hakim, 36, in einem Hinterausgang auf seinem Schlafsack.
Die neuen Bänke habe er schon gesehen. „Das ist 'ne Sauerei“, sagt er.
Schlafen würde er an dieser Haltestelle eh nicht, es sei ihm zu unsicher
und laut. Aber selbst wenn man wollte, hinlegen könnte man sich dort nicht
mehr, geschweige denn ausruhen. „Die sollen Menschen vertreiben, ganz
klar“, ist seine Meinung dazu.
Zurück an der Haltestelle hat ein Mann am Rand der Bank Platz genommen. Er
beäugt die zwei Bügel in der Mitte. Er sei ein wenig dicker, sagt er. „In
die Mitte würde ich eh nicht reinpassen, das drückt dann.“
Auf die kleine Anfrage der Linken antwortet die BVG, man wolle das Liegen
auf den Bänken nicht verhindern. Aber auch: Jeder der liegt, nimmt anderen
Fahrgästen Sitzplätze weg. Die Vorteile der Bänke seien: Sie sind nicht so
leicht kaputtzumachen und dank der Bügel hätte jeder das Gefühl, seinen
eigenen Platz zu haben. Die Metallbügel, die an diesem Mittag weder Nutzen
noch Freiraum bieten, sprechen eine andere Sprache. Zwar kann niemand auf
den Schoß des anderen rutschen, aber, so fasst es die ältere Dame zusammen,
die Bänke seien „nicht sehr menschenfreundlich“.
21 Jan 2020
## LINKS
[1] /BVG-schliesst-Bahnhoefe-fuer-Obdachlose/!5536924
## AUTOREN
Laura Binder
## TAGS
Obdachlosigkeit
Verdrängung
BVG
Kleine Anfrage
BVG
BVG
Wohnungslose
Rummelsburger Bucht
Bahnhof
## ARTIKEL ZUM THEMA
Corona-Schutz in der BVG: Maske vertraglich vereinbart
Die Pflicht, in Bus und Bahn einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wird in die
BVG-Nutzungsordnung aufgenommen. Bei Verstößen winkt die Einmalmaske.
Neue Ticketautomaten für die Tram: Die BVG schafft das Geld ab
Die Berliner Verkehrsbetriebe testen neue Ticketautomaten auf den Linien M5
und M10. Der Clou: künftig geht Bezahlen nur noch bargeldlos.
Ehemals Obdachloser über Zählung: „Nicht jeder ist empfänglich“
Am Donnerstag diskutiert der Bundestag über die erste deutschlandweite
Wohnungslosenzählung. Dirk Dymarski hält wenig davon. Er lebte auf der
Straße.
Rummelsburger Bucht: Viel Rummel, wenig Hoffnung
Obdachlose und Initiativen trommeln gegen die Bebauung am Rummelsburger See
– ohne Erfolg. Ein Investor will dort ab Frühjahr ein Aquarium bauen.
BVG schließt Bahnhöfe für Obdachlose: Bitte alle draußen bleiben
Die BVG plant, künftig ihre Bahnhöfe bei Kälte nicht mehr für Obdachlose
geöffnet zu lassen. Neben langfristiger Hilfe ist diese Zuflucht aber
notwendig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.