# taz.de -- Prozess um Seenotretter: Freispruch für „Lifeline“-Kapitän | |
> Der Kapitän der „Lifeline“ hat den Berufungsprozess in Malta gewonnen. | |
> Nun dürfte die Hilfsorganisation auch ihr beschlagnahmtes Boot | |
> zurückbekommen. | |
Bild: „Lifeline“-Kapitän Claus-Peter Reisch | |
BERLIN taz | Der Kapitän des deutschen Rettungsschiffs „Lifeline“, | |
Claus-Peter Reisch, ist am Dienstag in Malta vom Vorwurf der Einfahrt in | |
maltesische Gewässer ohne gültige Registrierung des Schiffs freigesprochen | |
worden. Reisch war im Mai 2019 in erster Instanz zu einer Geldstrafe von | |
10.000 Euro verurteilt worden. Es war das erste Urteil, das einen zivilen | |
europäischen Seenotretter im Mittelmeer schuldig gesprochen hatte. Der | |
Kapitän hatte dagegen Berufung eingelegt und nun in letzter Instanz Recht | |
bekommen. | |
Das Urteil sei „sachlich-inhaltlich richtig, wir haben uns nichts | |
vorzuwerfen“, sagt der Geschäftsführer der Dresdener NGO Mission Lifeline, | |
Axel Steier, der taz. Trotzdem habe Reisch „Glück gehabt“, so Steier. Es | |
habe „sicher geholfen“, dass die Justiz in Malta wegen des Skandals um die | |
ermordete Journalistin Daphne Galizia derzeit so genau beobachtet werde. | |
Reisch hatte mit der „Lifeline“ im Juni 2018 vor der libyschen Küste 234 | |
Flüchtlinge gerettet und war danach tagelang über das Mittelmeer geirrt, | |
weil Italien und Malta dem Schiff ein Anlegen verweigert hatten. | |
Schließlich durfte das Schiff in Malta vor Anker gehen. Der nach eigener | |
Auskunft „konservative Bayer“ und fast lebenslange CSU-Wähler Reisch wurde | |
jedoch festgehalten und von der Polizei vernommen. Die „Lifeline“ wurde | |
beschlagnahmt und liegt immer noch fest. | |
Offiziell ging es in dem Verfahren um die Frage, ob es zulässig war, die | |
„Lifeline“ als Sportboot im königlich-niederländischen Marineregister | |
einzutragen – oder ob sie im Frachtschiffregister hätte registriert sein | |
müssen. Diese Formalie dürfte jedoch vor allem ein Vorwand gewesen sein, um | |
die „Lifeline“ an die Kette zu legen. | |
## Ein Dutzend Verhandlungstermine | |
Insgesamt zog sich der Prozess über 559 Tage hin. Reisch musste nach | |
Angaben von Mission Lifeline ein Dutzend Mal zu Verhandlungsterminen auf | |
die Mittelmeerinsel reisen. Das Schiff „Lifeline“ lag in dieser Zeit im | |
Hafen von Valletta, eine Crew von drei bis sechs Ehrenamtlichen und | |
zeitweise einem Hauptamtlichen musste sich um die Instandhaltung kümmern. | |
Steier beziffert die dabei entstandenen Kosten auf bis zu 360.000 Euro. | |
Nach dem Urteil dürfte der Verein das Schiff nun zurückbekommen. Allerdings | |
haben sich in der Zwischenzeit die Regularien für die Registrierung | |
verändert, so dass die „Lifeline“ nicht mehr als Rettungsschiff eingesetzt | |
werden darf. Der Verein will das Schiff deshalb verkaufen. | |
Neben der „Lifeline“ ist auch [1][das zweite Schiff des Vereins, die | |
„Eleonore“, beschlagnahmt]. Sie liegt seit Sommer 2019 in Italien fest. Die | |
Crew der „Eleonore“ – wiederum unter Kapitän Reisch – hatte zuvor rund… | |
Menschen aus dem Meer gerettet und war nach einem Unwetter und tagelangem | |
Tauziehen ohne Erlaubnis in italienische Gewässer eingefahren. Sie hatte | |
schließlich im Hafen von Pozzallo in Sizilien angelegt. In diesem Fall ist | |
noch keine gerichtliche Klärung abzusehen. | |
Um trotzdem wieder Rettungseinsätze fahren retten zu können, hat Mission | |
Lifeline in der Zwischenzeit ein drittes Schiff angeschafft: Die „Rise | |
Above“. Die wird derzeit in einem Hafen in Norddeutschland umgebaut, dem | |
Verein fehlen hierfür nach eigenen Angaben noch etwa 60.000 Euro. Danach | |
soll das Schiff im Frühjahr ins Mittelmeer auslaufen. | |
In diesem Jahr sind nach Angaben der UN-Migrationsorganisation IOM bislang | |
16 Flüchtlinge oder MigrantInnen im Mittelmeer [2][ertrunken]. | |
7 Jan 2020 | |
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[1] /Rettungsschiff-nach-Unwetter/!5622276 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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