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# taz.de -- Rentenprotest in Frankreich: Macron fährt Taktik der Spaltung
> In der Neujahrsrede lobt Frankreichs Präsident sich selbst und hält an
> der Rentenreform fest. Gewerkschaften kündigen neue Proteste an.
Bild: Stillstand bei der Pariser Metro Ende Dezember, Stillstand im Streit um M…
PARIS taz | Obschon die französische Präsidentschaft im Voraus mitgeteilt
hatte, es dürfe nicht mit konkreten Ankündigungen gerechnet werden, war
Emmanuel Macrons Ansprache zum Jahreswechsel mit einigen Hoffnungen
erwartet worden – nicht zuletzt von den Erwerbstätigen und zahlreichen
Wirtschaftszweigen, die [1][wegen der anhaltenden Streiks im öffentlichen
Verkehr] weiterhin schwere Behinderungen, Lohnausfälle und
Geschäftseinbußen in Kauf nehmen müssen.
Dass der Staatschef in seiner Rede eine ziemlich positive Bilanz der ersten
Hälfte seiner Amtszeit zog, indem er „500.000 seit 2017 geschaffene
Arbeitsplätze“ erwähnte, dürfte wenig zur Besserung der Stimmung im Land
beitragen. Vor allem die Gewerkschaften äußerten sich „enttäuscht“ von
Macron, der nach einem langen und ärgerlichen Schweigen zum Streik nun bloß
um den heißen Brei herum geredet habe.
Offenbar besitzt auch der Präsident nicht einen „On-off-Knopf“, mit dem
diese vierwöchige Protestbewegung wie mit Zauberhand einfach abgeschaltet
werden könnte. Denn die Konfliktlösung ist für den Staatschef Sache des
Premierministers Edouard Philippe.
Der Präsident beschränkte sich darauf, seine Regierung zu beauftragen,
„rasch einen Kompromiss zu finden“, ohne jedoch Details zu nennen.
Gleichzeitig betonte er, [2][die von ihm gewünschte Reform des
Rentensystems], deren Sinn für ihn außer Frage steht, müsse „bis zum
Schluss“ durchgezogen werden. Er könne diesbezüglich „weder dem
Pessimismus, noch der Immobilität nachgeben“, sagte er.
## Sonderregeln für bestimmte Berufe
Ein totaler Verzicht auf die geplante Vereinheitlichung der Systeme und
Kassen oder die Erhöhung des Rentenalters auf 64, wie dies die CGT und
andere Gewerkschaftsverbände ultimativ fordern, steht für Macron nicht zur
Diskussion.
Bereits seit einigen Tagen zeichnet sich dagegen ab, dass sich die
Staatsführung damit abfinden könnte, für bestimmte Berufskategorien – etwa
Militär, Polizei, Feuerwehr, Flugpersonal oder Beschäftigte der Bahn –
entweder neue Sonderregelungen oder sehr lange Übergangsfristen zu
akzeptieren. Ihnen wurde zugesichert, dass sie weiterhin früher als alle
anderen mit vollem Rentenanspruch in den Ruhestand treten könnten. Die
Absicht ist klar: Die Bewegung soll gespaltet und zermürbt werden.
Diese Taktik hat bereits bewirkt, dass das Flugpersonal der Gruppe Air
France einen für den 3. Januar angekündigten Streik abgesagt hat. Die
Musiker, Tänzer und Tänzerinnen der Pariser Oper dagegen haben den
Vorschlag, dass nur die neu Rekrutierten betroffen sein sollen, empört
abgelehnt.
Auch bei der Bahngesellschaft SNCF und den Pariser Verkehrsbetrieben RATP
möchte die Regierung mit dieser Methode, die neuen Bestimmungen erst für
spätere Jahrgänge in Kraft zu setzen, eine Einigung und ein Streikende
erreichen. In der zweiten Januarwoche sollen entsprechende Verhandlungen in
den Ministerien laufen. Die radikaleren Gewerkschaftsverbände machen sich
keine Illusionen, sie rufen für den 9. Januar zu landesweiten
Demonstrationen auf.
1 Jan 2020
## LINKS
[1] /Streik-gegen-Rentenreform-in-Frankreich/!5652157
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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